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Alles gelogen (6)


6. Kapitel

Mehr Post und unklare Gefühle

Seit einer Woche ist der Onkel zurück. „Komm bei Gelegenheit mal vorbei“, hat er zu mir am Telefon gesagt. Das lasse ich mir nicht zweimal sagen und bin gleich zu ihm gefahren. „Meine Tochter hat mir eine Kleinigkeit für dich mitgegeben.“ Er überreicht mir ein etwa 30 cm langes Behältnis. Zu leicht für einen Inhalt aus Holz oder Metall. Also Papier. Kein normales Papier: Es ist der Vorläufer, ein Papyrosbogen, den ich entrolle. Darauf die Zeichnung einer schwarzen Katze. Eine ungewöhnliche Katze, das sehe ich sofort. Sie hockt auf einem Podest mit Hieroglyphen ringsum, trägt einen goldenen Nasenring und ebensolche Ohrringe, eine Art Diadem auf der Stirn und eine Art breiten goldenen Halskragen, dazu ein stilisiertes Auge auf weißem Grund, wohl auch eine Hieroglyphe oder ein Namenszeichen. Ein vielfarbig glitzerndes Schmuckstück über der Brust zeigt ein paar weit ausgebreiteter Flügel, darüber einen goldenen Kreis, wohl die Sonne. Es ist die Katzengöttin Bastet. Daneben ein Kärtchen aus gleichem Material. Besser als eine Fotografie von mir B. steht drauf. „Ich werde es es in meinem Zimmer aufhängen“ sage ich und denke, eine ägyptische Katze an der Wand provoziert weniger Fragen als eine ägyptische Freundin. Der Onkel hat mich beobachtet. „Es gefällt mir“, füge ich hinzu. Eine lahme Floskel. Soll er selber sehn, was er damit anfängt. Lieber das Thema wechseln: „ Der Transfer hin und zurück hat ja wunderbar geklappt“, sage ich. „Denkst du!“ Und Baldur erzählt. Trotz perfekter Planung wäre das Projekt fast gescheitert, nicht nur bei uns, sondern auch in Ägypten. Wie bei Tresorknackern. Trotz perfekter Planung geht es schief. Jedenfalls im Kino. Der Onkel hatte die Aktion extra auf den späten Nachmittag ägyptischer Zeit verlegt, dann sind die meisten Touristen wieder fort. Aber „was hilft es der Mutter einer Porzellankiste, wenn ein Elefant hineinfällt“, sagt Jenny, wenn etwas total aus dem Ruder läuft. Ausgerechnet als die Königin ihre Europareise angetreten hatte stand ein Tourist mit Kunstreiseführer vor der leeren Stele. „Wo ist sie ?“ Da muss man einfach lügen, obwohl wir uns die ganze Zeit erwiesenermaßen um die Wahrheit bemühen. „Sie wird zur Zeit restauriert. Wenn sie das nächste Mal kommen, ist sie wieder zurück.“ Zumindest der zweite Satz stimmt. Nicht genug damit, als Baldur auf die Rückkehr wartete, strolchten ein paar verspätete Touristen durchs Gelände, und einer lehnte sich genau an die Stele, wo binnen kürzester Frist die Herrscherin vom Nil landen sollte. Der Onkel kennt sich einigermaßen aus, schon wegen seiner ägyptomanischen Tochter. Also spielte er den Fremdenführer und lockte die Gruppe in einen anderen Bereich. Sie haben nichts gemerkt, und als er später nachschaute, war auch die Königin zurück.

Niemand hat etwas von ihrer Europareise gemerkt. „Probe bestanden. Als nächstes werden wir unseren Sicherheitssystemen ein Schnippchen schlagen.“ Wie, will er mir heute nicht verraten. „Mit dem Materieverdichter?“ wage ich zu fragen. Er schüttelt den Kopf. „Den heben wir uns für wirklich große schwere Objekte auf. Viel wichtiger ist für mich derzeit ein einsatzfähiger Dublikator.“ Seine linke Hand holt zu einer erklärenden Geste aus und fegt ein Blatt vom Tisch, direkt vor meine Füße. Ich hebe es auf und lese automatisch die Namen von internationalen Firmen, dahinter die Hinweise, kaufen oder verkaufen mit Datumsangabe. Ehe ich sie zurück legen kann, nimmt er sie mir aus der Hand. „Sind das deine Börsentipps?“ „Ja“, sagt er. Nur 'Ja': Sowas nennt man einsilbig. Er schiebt mich zur Haustür: „Tut mir leid, meine Arbeit wartet, und du darfst die Schule nicht vernachlässigen.“ Schon bin ich draußen und kann mir meine eigenen Gedanken zu seinen Börsentipps machen. Theo schwört seit Jahren auf die Börsentipps seines Bruders: „Wie macht er das bloß? Ich bin noch nie schlecht damit gefahren. Glaubt mir, ohne Baldurs Ratschläge ständen wir finanziell viel schlechter da.“ Ach, eines hätte ich fast vergessen: es war Recyclingpapier, auf dem jemand die Anweisungen zu Kauf und Verkauf notiert hatte. Bald wundert mich gar nichts mehr.

„Was soll denn das? Eine Katze mit Ohrringen?“ Benni mustert kritisch das frisch gerahmte Bild, während ich es aufhänge. Die Katzengöttin macht sich gut mit Passe-partout und Rahmen. Ich werde es fotografieren und Renate mit meiner nächsten Mail schicken.

Renate antwortet sofort.

Ich berichte ihr vom Besuch bei ihrem Vater ohne allzuviel zu verraten. Er scheint sie nicht eingeweiht zu haben. Sie antwortet erst nach einer Woche. Ob sie krank ist? Nein, sagt Onkel Baldur. Nein, sagen Jenny und Theo. Beiden hat sie geschrieben. Warum nicht mir? Theo schickt Photos von der Reise auf meinen PC; der Staudamm, Assuan, viele Tempel, noch mehr Hieroglyphen, einige besonders eindrucksvolle Statuen, auch ein Photo von Hatschepsuts Kopf ist dabei. Wenn er wüsste...

Und dann Onkel Baldurs Haus, die Terrasse mit dem phantastischen Ausblick und Basti – so nenne ich sie für mich. Sie ist so hübsch und sieht viel jünger aus als 26, eher wie 16, so wie ich. Wann wird der Onkel wieder nach Ägypten reisen? Wenn ich mich unentbehrlich mache, kann er mich vielleicht mitnehmen...

Isa knetet aus Sonnenblumenmargarine, gemahlenen Haferflocken und Erdnusskernen Meisenknödel. Das macht sie, seit sie gelesen hat, dass unsere Singvögel nicht mehr genug Futter finden. Alles wegen der Ackerchemie und ihren Folgen. Außerdem macht es Spaß, den Meisen und Spatzen vom Fenster aus zuzuschauen. Isa: „Bei mir kriegen alle Futter, egal ob Rotschwänzchen, Meisen oder Spatzen.“ Draußen scheint die Sonne, und es grünt und blüht überall.

Die Temperaturen liegen über 20° Celsius, ideal für die Gesundheit. Ich werde es Basti solange in den schönsten Farben beschreiben, bis sie Sehnsucht nach einem Sommerurlaub in Europa bekommt. Jeden Tag schaue ich in den Posteingang. Warum schreibt sie nicht? Vielleicht sollte ich ihr ein Katzengedicht schicken.

Heute Nacht ist sie mir im Traum erschienen. Vollkommen verrückt wie die Ägypterinnen auf ihren Bildern und Reliefs: in einem engen weißen Kleid, ihr Kopf im Profil mit dem gleichen Halsschmuck wie die Katzengöttin auf dem Papyrus, und über ihrer Oberlippe bis zum Mundwinkel sprießen - nein, nein nicht die Haare eines Damenbartes - vielmehr wirklich und wahrhaftig die Schnurrhaare einer großen schönen Katze, mindestens 10, wenn nicht 15 cm lang. Die Schultern zu mir gedreht, Hüften und Beine wieder zur Seite schreitet sie an mir vorbei. Ich denke, auch wenn man sich im Traum über nichts wundern soll: So läuft doch kein vernünftiger Mensch. Das Tollste! Wie sie so im Traum an mir vorbeigeht, zieht sie einen langen, schwarzen Katzenschwanz hinter sich her: Bastet, die Katzengöttin.

Noch bewegt von dem Traumbild öffne ich die Augen - und wen sehe ich im Morgendämmer vor meinem Bett? Aufrecht sitzend, aufmerksam mit hoch erhobenem Kopf, den Schwanz elegant um die Vorderpfoten gelegt: mein Kater Onyx. Gleiche Farbe, gleiche Haltung wie die Katzengöttin auf dem Papyrus. Ich starre auf den Papyrus hin und dann auf Onyx. Er starrt aus goldenen Kateraugen zurück, als wüsste er genau, wovon ich träume, ja, als hätte er mich gerade durch meinen Traum begleitet und wüsste nun, wie es um mich steht. „Komm!“ sage ich und strecke ihm eine Hand entgegen. Er neigt den Kopf ein wenig, berührt meine Hand kurz mit der Nase und rollt sich zusammen, aber erst, nachdem er sich dreimal im Kreis gedreht hat, auf der Suche nach der besten Ruheposition. Während ich im Halbschlaf zusehe, vermischen sich die Bilder.

Die schwarze Katzengöttin steigt von der Wand herab und beugt sich über meinen ruhenden Kater. Aus meinem Geist entweicht das geträumte Mischwesen im weißen Gewand, und einer Wolke gleich senkt es sich über beide. Das Geheimnis der Katze. Ich reiße die Augen auf. Das ist es: Mein Gedicht, das seit einer Woche auf mich gewartet hat. Ich darf keine Zeit verlieren: Die Nachttischlampe an, her mit Bleistift und Papier, ein Kissen ans Kopfende und noch eins dazu, die Knie leicht angezogen, darauf der Briefblock. Da sitze ich wie der arme Poet von Ludwig Richter - und dichte.

Die Katze ist eine Welt

Gezeugt aus der Zweiheit gelangt sie zur Vielheit in eins.

Wird sie geboren entsteht eine Welt – und stirbt mit ihr.

Dazwischen die Lebensspanne

Vierfüßiger Spagat über der Zeit

Schöpferin des Kosmos! Das All zu ihren Pfoten

Der Eingang zum Gesetz eine Katzenpforte

Versperrt und offen nur für sie.

Sie nimmt den Kampf auf

Knüpft das neuronale Netz mit Ohr und Auge Gefühl und

Verstand auch wie ich meine

Bis zu den Grenzen ihrer Welt.

Spannt ihre Muskeln

Tanzt Shivas Gesetz

Spielt und herrscht

Herrin eines Universums

Bastet

Spricht

Ich bin die ich bin

Und ich begreife

Es gibt keinen Raum für Zweifel im Haus des Seins

Die Katze ist eine Welt.

Jede Katze ein Universum

Wie viele Katzen! Wie viele Universen existieren mit ihnen?

Fremde Welten sind es

Manchmal kommen sie näher berühren sich – verschmelzen nie

Die Einheit eine Illusion...

Kleine Überschneidungen nur. Erfahrung von Nähe.

Mutterwelt Geschwister die Liebe selbst

Vertraut

Doch nicht eins.

Schließlich wir die wir Unterwerfung fordern für Sicherheit.

Wie groß ist die Schnittmenge?

Welchen Namen geben wir ihr?

Die Katze ist eine Welt.

Eine von vielen

Sie braucht keinen Grund und fragt nicht nach Gründen.

So tanzt sie selbstgewiss im Tanz des Lebens und

Stirbt sie stirbt eine Welt.

Die Katze ist eine Welt

Wie alles was lebt

Wie jeder Mensch

Wie ich

Unwissend.

Warum also frag ich nach dem Grund?

Vermute in flüchtiger Berührung die Einheit?

Warum das Wirkliche suchen in Illusion?

Während ich hinüberblicke zu dir

gibst du den Blick mir zurück.

Leer.

Wie anders könnte es sein?

Denn gefangen bin ich wie du kleines Tier.

Ausgreift der Geist zu den Grenzen meiner Welt

Nicht weiter

Erkenne nicht und bleibe unerkannt.

Eine Welt unter vielen

Nicht mehr

Nicht weniger...

Das war gestern. Am Nachmittag habe ich es nochmal durchgelesen, ein bisschen rumkorrigiert und es am Abend Theo gezeigt. Allerdings erst, nachdem ich es ONYX betitelt habe. Schien mir weniger verfänglich. Es gefällt Theo. Weiter so, sein Kommentar. Etwas später überrumpelte mich Jenny mit einer Frage zu Basti, und ich war verlegen, bin sogar rot geworden. Ob sie es gemerkt haben? Wenn ja, was werden sie denken?

Ich stelle mir die vier vor, höre sie denken.

Zuerst Theo: Sein Lobpreis der Katze? Gut gemacht. Aber je länger ich darüber nachdenke,frage ich mich: ging es im Gedicht nur um Kater Onyx? Womöglich steckt mehr dahinter. Lässt sich Renate nicht Bastet nennen? Artur und Renate? Mmmmh... Er weiß doch, dass sie nicht gesund ist. Und so zerbrechlich. Ja, sie ist schön, fast ägyptisch mit dem dunklen Haar. Erstaunlich bei dem blonden Vater. Sie ähnelt eben ihrer Mutter, und nach den Erbgesetzen ist der dunklere Typ dominant. Wenn sie in ihre Wahnwelt abdriftet, ist sie Bastet, hält nicht Baldur, sondern den ägyptischen Sonnengott für ihren Vater. Armer Baldur. Wir müssen wohl auf Artur aufpassen, was er als nächstes anstellen wird. Außerdem ist sie seine Cousine, glaubt wohl, weil Geschwisterehen bei den Pharaonen üblich waren, könnte sie... Seufz. Ich werde mich mal über Erbkrankheiten bei enger Verwandtschaft informieren. Seufz.

Jenny: "Artur und Renate? Ja, ist denn der Junge von allen guten Geistern verlassen? Verliebt in diese halbe Portion, die man am liebsten mit der Suppenkelle füttern möchte? Ich werde ihm den Kopf waschen. So ein Träumer. Na ja, lebenspraktisch war er noch nie. Mmmh, hübsch ist sie, wirklich hübsch, hat was Geheimnisvolles, auf Männer Anziehendes. Wie eine Katze. Ganz wie eine Katze. Aber wenn sie anfängt zu spinnen...

das hat keine Zukunft."

Isa: "Sie ist meine Seelenschwester, sagt sie. Meine Cousine und meine Schwägerin. Toll. Aber ich habe sie schlimm husten hören. Vielleicht TBC wie in den Romanen von Johanna Spyri, Schweizer Dichterin. Vor kurzem habe ich Gritlis Kinder gelesen. Geschenk von Tante Marga, hat sie für mich über Jahrzehnte aufgehoben. Mann, hab ich beim Lesen geheult, wie sie alle an TBC gestorben sind, nur die Heidi nicht in den Schweizer Bergen. Artur hat mich ausgelacht, als er dazu kam und meine roten Augen sah. Wenn Renate an TBC stirbt, wird er nicht mehr lachen."

Benni: „Artur und die Weiber? Was gehen mich die Weiber

an.“

Gestern Abend habe ich mein Gedicht nach Ägypten gemailt und warte auf ihre Antwort.

Samstag Morgen. Das heißt keine Schule, endlich ausschlafen und frühstücken, wann es uns passt. Also ziemlich spät. Auf dem Dielentisch liegt die Familienpost: Abozeitschriften und Illustrierten, einige Briefe, daneben eine Pappröhre, etwa 50 cm lang, der Durchmesser etwa 8 cm. Für Onkel Baldur und mich. Kein Absender. Bei mir klingen sämtliche Alarmglocken: „Woher hast du das?“ frage ich Theo, der mit der Morgenzeitung vorbei schlurft. „Stand neben dem Briefkasten. Wer in der Nachbarschaft will da Porto sparen?“ „Na, vielleicht ist es eine Rohrbombe“, versuche ich zu scherzen und ernte einen vernichtenden Blick: „Mit sowas scherzt man nicht. Nun mach schon auf! Baldur ist schließlich mein Bruder, und bei anonymen Sendungen an Euch möchte ich gern Bescheid wissen.“ Er schaut mir über die Schulter, während ich den Deckel löse, hineinschaue, überflüssigerweise „nur Papier“ sage und zwischen Daumen und Zeigefinger einige eng bedruckte Bögen hervor ziehe. Formeln, Grafiken und dazwischen einige kurze Texte. Für mich lauter böhmische Dörfer. Theo setzt sich, zieht die Papiere zu sich herüber und schüttelt beim Lesen immer wieder den Kopf. „Das sind Baupläne, aber wofür? Verstehst du was davon?“ Er schiebt mir eine Seite zu. Ich starre auf die Seite und verstehe immer noch nichts. Nicht das Geringste. Stände da E = mc2, wüsste ich eher Bescheid, wenn auch nicht weiter. Wir schauen beide buchstäblich in die Röhre oder verstehen nur Bahnhof, oder jemand wollte uns ein X für ein U vormachen. „Ich sag's ja. Da wollte jemand das Porto sparen, oder er glaubt, mein Bruder ist verreist und will keine Zeit verlieren. Am besten fährst du heute noch hin und bringst es ihm. Ich bezahle dein Ticket.“

„Ich glaube, es ist für dich“, sage ich fünf Stunden später. Baldur nimmt mir die Röhre aus der Hand, registriert mit einem Stirnrunzeln, dass sie bereits geöffnet ist, „du?“ „Klar, war auch an mich gerichtet.“ Er zieht die Papiere heraus, entrollt sie, streicht sie glatt, beginnt zu lesen. Nach einer Weile schaut er genauso ratlos wie Theo und ich fünf Stunden zuvor. „Das übersteigt meine Kenntnisse.“ Er kratzt sich am Kopf: „ein Bauplan, und mit meinem 3-D-Drucker könnte ich es probieren. Aber frag mich nicht, wofür das, was da raus kommt, gut sein soll. Hast du einen Vorschlag? Es muss einen Sinn haben, dass die Sendung bei dir gelandet ist.“ Wir ratschlagen noch einige Zeit und kommen zu dem Ergebnis, auch wenn die Dinge einen Sinn haben, müssen wir ihn nicht sofort verstehen. Vielleicht später...

Weil Baldur noch einige Materialien für den Ausdruck besorgen muss, schickt er mich wieder heim. Wahrlich ein kurzer Besuch. In der Haustür kann ich mir einen Gruß an Renata nicht verkneifen. „Ich denke, ihr schreibt euch“, seine Antwort. „Ich schreibe ihr, aber sie mir nicht. Oder selten.“

„Erwarte nicht zuviel von ihr. Dann wird sie dich auch nicht enttäuschen. Wenn mein Projekt erfolgreich ist, wird sich sowieso alles ändern.“ „Welches Projekt? Und was wird sich ändern?“ Er verrät es nicht, schiebt mich vielmehr zur Haustür hinaus und schließt sie direkt vor meiner Nase. Das Geheimnisvolle muss in seiner Familie liegen, und ich frage mich: Wer gibt mehr Rätsel auf, er oder seine Tochter?

Wieder daheim. „Konnte Baldur was mit der Bauanleitung anfangen?“

„Ich glaube schon.“ Mehr kriegt Theo nicht aus mir heraus, und ehrlich gesagt, mehr weiß ich auch nicht.

Ich muss eine Woche warten bis er sich wieder meldet. In der Zwischenzeit Isas und Bennis neugierige Fragen abwehren und dichthalten. Das hat der Onkel ausdrücklich von mir verlangt.

Was sagt er? „Komm und schau es dir an; schließlich bist du neben mir Adressat des Bauplans.“ Ich hab es mir nicht zweimal sagen lassen und den nächsten Zug genommen. In seinem Labor wartete eine Überraschung auf mich. Das neue Gerät ist mit bloßem Auge nicht zu erkennen. Nicht nur, dass er es auf ein Tausendstel verkleinern musste. Gemäß dem Bauplan musste er ein virtuelles Abbild schaffen und dieses auf den Wandler übertragen.

“Verstehst du? So tricksen wir das Gewichtsproblem aus: leichter als der leichteste Chip.“ Genial. Es scheint eine Art Datenträger zu sein, aber die genaue Funktion ist ihm nicht klar. Jedenfalls ist es unumkehrbar mit dem Wandler verbunden.

Ich: „Wie konntest du dich darauf einlassen, wenn du es selbst nicht verstehst?“

Er: „Ich musste es tun. Nicht nur mein Leben, Leben und Wohlstand vieler Menschen hängen davon ab. Warum? Bitte frag mich nicht. Ich werde es dir erklären, wenn die Zeit reif ist.“

Wenn er so entschieden spricht, haben weitere Fragen keinen Zweck.

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