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IMAGO

Die Verwandlung - quasi una fantasia

Kalifornien um die Jahrhundertmitte. In einer Spezialklinik erwacht der Patentanwalt Dr. Jason Brandt aus dem Koma und versucht sich zu erinnern. Während zwölf Tagen vergegenwärtigt er vor allem in Traumsequenzen das Scheitern seiner Ehe, das Zerwürfnis mit dem erbkranken Sohn, besonders aber die Beziehung zu einer geheimnisvollen Fremden, zu der er sich in unbegreiflicher Weise hingezogen fühlt, ohne das Rätsel ihrer Person lösen zu können. Während einer Mexikoreise macht er sie zu seiner Geliebten und übersieht in einer Ödipus ähnlichen Blindheit manche Hinweise, wie er auch die wahre Natur seines Gefühls verkennt. Schließlich verschwindet die Fremde ebenso plötzlich, wie sie in sein Leben getreten war. Ihr scheinbar überraschendes Wiedersehn führt zur Katastrophe und stürzt ihn aus den Scheingewissheiten in eine dramatische Identitätskrise. Er muss erkennen, dass sämtliche Strategien, rationalen Vorkehrungen und Verdrängungen gescheitert sind. Was bleibt, ist seine Frage: „Wer bin ich?“

Der Roman entfaltet ein dichtes Geflecht von Bezügen und Motiven, die um das zentrale Opfermotiv ranken. Ein Bogen wird gespannt von den rituellen Menschenopfern der aztekischen Hochkultur über gegenwärtige, teils politisch, teils religiös motivierte Opferideologien, bis hin zur künftigen Entwicklung von Imagines: Klone im Dienst der menschlichen Sehnsucht nach „Jugend ohne Alter“, „Leben ohne Tod“...

IMAGO bietet keine herkömmliche SF, ordnet sich vielmehr der literarischen Utopie zu, indem aktuelle Tendenzen in Forschung und normativer Moral konsequent zu Ende gedacht werden. Daher erwachsen die aufgeworfenen Fragen, die bis an Kernfragen des Daseins rühren, aus unserer Zeit, und ihr gelten auch die mannigfaltigen Denkanstöße.

Ein inhaltsschweres Buch, das gleichzeitig ungewöhnlich zu fesseln vermag und sich nachdrücklich vom Üblichen abgrenzt.

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Leseprobe

Ann tanzt. Barfuß, zu den Klängen eines unbekannten Stücks: Elektronische Musik, sich wiederholende Tonfolgen, dazu ein mitreißender, treibender Rhythmus, der sich entgegen dem mathematischen Zeittakt zu beschleunigen scheint, mich hineinzieht und in ewiger Wiederkehr zum Ende drängt. Sie hat im großen Salon den Tisch zur Seite geschoben und den Kalenderteppich aus Mexico ausgebreitet, getreues Abbild des aztekischen Kalendersteins. Sie trägt das federleichte Seidenkleid vom Opernbesuch im Palast der Schönen Künste. Es legt sich sanft schimmernd um ihren Körper, passt sich funkelnd jeder Bewegung an und schwingt tellerförmig in schillerndem Farbspiel, als sie sich immer schneller um ihre Achse dreht. Sie bemerkt mich nicht, oder meine stille Gegenwart stört sie nicht. Ihre Augen blicken nach innen und gleichzeitig in unbekannte Fernen, in Trance. Die bloßen Füße wirbeln, treten zum drängenden, sich immer neu wandelnden Rhythmus der Musik. Ann tanzt über den Insignien der Zeit: dem Zyklus der zweiundfünfzig Jahre inmitten des fünften Zeitalters. Sie tanzt über der täglich erneuerten, Leben spendenden Sonne im Zentrum, über dem Unabwendbaren, das Schicksal heißt. Sie schwingt sich über den Abgrund der fünf Unglück verheißenden hohlen Tage, landet endlich wieder im Sonnenzentrum, sinkt dort mit ausgebreiteten Armen zusammen, der Atem kaum merklich schneller, das Haupt wie zum Opfer gesenkt über dem magischem Rund der Kalenderzeichen. Abrupt endet die Musik.

Ich hatte ihr schweigend zugesehn. Erst, als sie den Kopf hob und mich anschaute, sprach ich sie an, die alte Frage: ‚Wer bist du?‘ ‚Nie sollst du mich befragen!‘, lautete die sibyllinische Antwort...

Wer war sie? In jedem Fall eine intelligente Person, die es verstand, Herkunft und Identität so meisterhaft zu tarnen, dass nicht einmal meine Detektei ihr auf die Spur kam. Ich selbst hätte es an ihrer Stelle nicht besser gekonnt.

Englische Übersetzung:

(Übersetzt von Rachel Swift)

IMAGO 1st DAY

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Englische Übersetzungen

                    

REZENSIONEN

Aus Leserkommentaren (AMAZON u.a.) zu

IMAGO – Die Verwandlung

 

5.0 von 5 Sternen 

Die Verwandlung: Metamorphosen des Tiefsinns, 

(abraxas "axs")

 

Mit >Lüge-Wahnsinn-Druckerschwärze< trifft sich dieses Werk zwar vor tiefem Bildungshintergrund und läßt sich ebenso auf verschiedenen Ebenen verstehen, sonst liest es sich gänzlich anders, nämlich als straff geführter analytischer Roman, der oberflächlich (fast) wie ein Thriller wirkt, und so schlägt er auch intelligente Leser ohne weitere Vorbildung rasch in seinen Bann. Was diese vielleicht nicht verstehen, konzentriert sich auf nur wenigen Seiten, die sie ohne großen Nachteil überschlagen mögen, wenn sie nicht das hilfreiche Glossar bemühen. Der Literaturkenner muß sich geradezu gegen den Sog stemmen, das Buch auf einmal zu verschlingen, um nicht die vielen eingebetteten Hinweise und Kunstmittel zu überlesen, die auf tiefere Schichten verweisen. Diese besondere Fähigkeit, unterschiedlichen Zielgruppen gleichzeitig zu entsprechen, begegnet sehr selten. 
Zunehmend intensiviert sich untergründige Spannung, die wesentlich dem Bewußtseinsinhalt eines aus dem Koma erwachten Erfolgsanwaltes entspringt, der sich um 2050 allmählich seiner selbst vergewissert und die Vorgänge vergegenwärtigt, die zur Katastrophe führten. Freilich keine herkömmliche SF, vielmehr ein utopischer Roman einer weit fortgeschrittenen Welt, der 'aktuelle Tendenzen in Forschung und normativer Moral konsequent weiter' denkt. Religion und philosophische Ethik beleuchten Kernfragen der Gentechnologie unter dem Zentralbegriff des Opfers und stoßen dabei zu erschreckenden Ansätzen jenseits bürgerlicher Wertvorstellungen vor. 
Neugierig machen die unheimlichen Panoramen aztekischer Mythologie auf Cover, Vor- und Nachsatz, die im Fortgang eine eigenartige Wiederbelebung erfahren. Eine der Innenillustrationen versammelt um den Tod die Geister, die das Geschehen formen: Rivera, Kahlo, Bach, Bruckner, Kafka und Nietzsche. 
Dr. Brandt ist zwar ein Macher und kühler Rechner, aber gebildet, Kunst- und Musikkenner, und auf überlegene Art spiegelt seine Musikrezeption einen eigenartigen Reifungsprozeß, in dem seine Scheingewißheiten zerbrechen. An dieser Kunst scheitern fast alle Literaturromane oft peinlich, doch hier gelingt die schwierige Einbindung als konstitutiver Parameter, indem Musik zu angewandter Anthropologie wird. 
Im Zentrum steht eine ganz ungewöhnliche, dabei zarte Liebesgeschichte jenseits üblich aufdringlicher Oberflächlichkeit, die im Lichte Jungscher Psychologie symbolisch vertieft, viel über Menschennatur mitteilt, - nicht zuletzt beweist sich literarische Meisterschaft gerade in der Behandlung des heiklen Themas; auch sie wird allmählich im Bewußtsein des Anwaltes vergegenwärtigt, mit all seinen Irrtümern, die den Leser öfter sardonisch lächeln lassen. Sie durchdringt eine fachtheoretisch schwierig zu fassende Tragik, die allenfalls von ferne an den Pantragismus Hebbels gemahnt und beinahe antikische Wucht entfaltet. Brandt, Tizón und Dr. Servant sind sprechende Namen... 
Selbst wenn >Imago< nicht vor Ishiguro abgeschlossen worden wäre, würde der Wert nicht geschmälert, da dieser ungleich sprachmächtigere Roman um Klone sich nicht in einem abgeschlossenen Modell, sondern mitten in der Gesellschaft vollzieht, viel breiter greift und unvergleichlich viel tiefer lotet, zudem gegenüber dessen Brüchen mit geradezu gnadenloser Logik abrollt. Nur die Axiome sind anzunehmen, zumal der 'Psychoformer', der in echten und Tagträumen intensive Erinnerung kontrolliert. 
Durchgeformte Sprache in dichtem Motivgeflecht und schmiegsamer Stil halten die Höhe dieses tiefsinnig hintergründigen, gedankenschweren und geistig radikalen Werkes, das nur wenige bizarre Episoden aufhellen. Als ungewöhnliches Agens bereichern Drogenerfahrungen, die an Authentizität und Spracheinkleidung ihresgleichen suchen. >Imago< ist ein Erstlingsroman von einer Vollendung, wie sie nur Goethe und Th. Mann bereits anfänglich erreichten.

 

Wissensfülle und Hintersinn,(mlaw.)

Wenn man sich diesen Ausnahmeroman vornimmt, gerät man je nach Bildungsstand meist früher an einen Punkt, wo man sich gegen das reich ausgebreitete Wissen wehrt. Ist man ehrlich und rechnet man nach Selbstprüfung die Auflehnung eigenen Defiziten zu, so kann man erst den gebotenen Reichtum würdigen: Hier wird nicht mit flüchtig angelesenen oder gar von Dienstleistern angekarrten Weisheiten geprunkt, wie bei Amerikanern üblich, sondern da beherrscht jemand staunenswert souverän eine heute sonst entschwundene Wissensfülle. 
Meist mischt sie sich wie nebenbei ein, gerne in den Gesprächen der hochgebildeten Hauptakteure, also ferne jeder Schulmeisterei. Zwar neigt vor allem Servant zum Dozieren, doch liefert er dem Leser nicht nur nötige Informationen, sondern gibt in der Art, wie es tut, manches von seinem schwer durchschaubaren Charakter zu erkennen, nicht unähnlich etwa Settembrini und Naphta, freilich weniger redselig und konzise. Wenn er z.B. ohne Not einmal die Schlagkraft in der Phalanx nebeneinander kämpfender homosexueller Paare erwähnt, beweist er damit nicht nur Wissensstolz, sondern auch einen Zug von Häme. 
Jedenfalls entmündigt Ruff den Leser nicht mit fertigen Erklärungen oder weitläufiger Psychologisierung, ungleich höhere Eindringlichkeit wird mit Gesten, Andeutungen oder auch Verschweigen geformt: 
Ein kurzes Gespräch über Schmerzvermeidung und Tattoos zwischen Brandt und Ann beendet diese wahrhaft lakonisch: »Wir sind Sparta, Ihr seid Athen«. Nun erschiene solcher Aufwand für ein paar Nadelstiche unangemessen, wenn man aber bedenkt, dass einzig in Sparta auch Mädchen zu Leibesübungen und Wettkämpfen angehalten wurden, dass die Gerusia zwar alles Staatsgefährdende ausmerzte, dennoch, wie wir heute wissen, die angebliche Kulturwüste der lakedaimonischen Blütezeit eine athenische Propagandalüge ist, so umreißt Ann genau ihre Prägung. Nun wird aber auch auf die ungeheuerliche Anmaßung Athens gerade wegen seiner Kultur-, dann Machthegemonie angespielt, wie sie modellhaft im Melierdialog des Thukydides gerann. Genau solche Anmaßung kennzeichnet die Egomanen Brandt und Servant, sie sind so gebildet und technokratisch fortschrittsgläubig, dass sie nicht mehr über die Ungeheuerlichkeiten nachsinnen, die sie ins Werk setzen und anderen zumuten. In Sparta hingegen gedieh keine Tyrannis, keine Sophistik. Wer den Roman kennt, weiß, dass Ann kein treffenderes Bild hätte wählen können. Sparta bezwang Athen, verlor aber als Folge seine Macht. Am Ende behält Euripides Recht, der auch zitiert wird, nur verweigert sich ein deus ex machina. Die Hybris, die Hoffart, rächt sich furchtbar, die scheinbar helle Welt dieser reichen und erfolgreichen Privilegierten verdüstert sich tragisch. 
Dieses Beispiel wird keineswegs überfordert, denn immer wieder begegnen solche Triggerpunkte ins Abgründige, erhellen Zusammenhänge, gerade in musikalischen, philosophischen und religiösen Fragen. Man findet sie bei Leitmotiven, die den Roman durchziehen. Selbst ins Glossar mischt sich Unerwartetes ein, z.B. über Archetypen. 
Offensichtlich bricht der schwer auslotbare Roman ab auf der Krisis einer Ganzwerdung im Verständnis des platonischen Mythos, der hier schrecklich beim Wort genommen wird. Daher wird die Ausdeutung als Allegorie möglich, aber auch als buddhistische Parabel, nicht zufällig liest Ann Lehrschriften, stellt Brandt ein Muster an ichgefangener Blindheit und Anhaftung. Die klare Sprache entspringt weniger seinem Rationalismus, als vielmehr metaphysischem Ordnungsdenken. 
Dennoch gelingt das Kunststück, dass Leser ohne solche Einsichten das gedankentiefe Werk als spannende Geschichte loben.

 

Ein Lesevergnügen (Beigelegenheit)

Klappentext und Rezension versprechen nicht zu viel, ich finde den Roman spannend und sehr lesenswert, obwohl ich keine höhere Bildung habe. Es ist wirklich fesselnd, wie Dr. Brandt allmählich seine Erinnerung wieder gewinnt und was für eigenartige Personen da vorkommen. Von klassischer Musik verstehe ich nichts, die spielt eine wichtige Rolle, konzentriert sich aber nur auf wenige Seiten. 
Sonst kann man eine Menge aus dem Roman auf unterhaltsame Weise lernen, und dabei hilft der Anhang. Auf jeden Fall fängt man an, über Gentechnik und Klone nachzudenken. So sollen Bücher sein, meine ich. Es ist sehr gut und verständlich geschrieben, man kann sich das alles gut vorstellen, und die Bilder gefallen mir auch. Allerdings hatte ich öfter das Gefühl, dass da noch mehr dahintersteckt, als ich gemerkt habe. Wahrscheinlich hat philolog da Recht. Das macht mir aber nichts, ich hab mich bestens unterhalten. Empfehlung!

 

 Ein Geheimtipp!!!!(Heinz Zuerl /Gruppe Eisenherz)

Meinen Vorgängern kann man voll vertrauen, und sie haben eigentlich alles gesagt. Auch ich finde dieses Buch spannender als viele Krimis, und mich freut als Rockmusiker, dass neben klassischer Musik auch am Rande etwas zu meiner Leidenschaft vorkommt und sie als Kunst anerkannt wird. Die Stelle über den Bluesschuppen gefällt mir besonders gut. 

Ein SF-Roman ist das nicht, und das behaupten Verfasser und Verlag ja auch nicht, denn Technik ist nur als Vorbedingung der Handlung wichtig, genauso wie es auch wenig äußere Action gibt. Dafür aber tiefe Einblicke in die menschliche Psyche und ihre Neigung, sich was vorzumachen. Es ist schon fast bösartig, wie Dr. Brandt immer mehr demontiert wird. 

Überhaupt werden da sehr radikale Positionen vertreten, die einen erschrecken können. Das ist ein Roman ohne Kompromisse.

 

 Brisant und herausragend (Threnoi)

Ein wirklich schweres Kaliber, denn wo dieser Roman hinzielt, wächst kein Gras mehr. Es gibt nur wenige Bücher, in denen derart viel Hintergrundwissen steckt, und dabei liest es sich spannender als so mancher Thriller, wirkt in sich unbedingt folgerichtig. Ich habe es auf einen Sitz verschlungen und dann gleich nochmal gründlich gelesen, weil mir klar war, dass ich Einiges übersehen hatte. In dem Roman steckt eine Menge radikale Philosophie, und auch über Musik kann man Manches lernen, ohne dass man gegängelt wird. Auf der Webseite von ilruff findet sich ein sehr lesenswerter Essay über Sinfonik, dazu sonst noch Allerhand, aber immer Hochinteressantes, das sich sehr vom Üblichen abhebt. 
Die Figuren unterscheiden sich sehr vorteilhaft von den üblichen langweiligen Durchschnittstypen, die Charaktere wirken wie aus dem Leben gegriffen und führen ernsthafte Gespräche über wichtige Fragen, schon deshalb, weil der Protagonist Wesentliches erinnert. Hier gibt es nichts von dem endlosen sinnarmen Gewäsch, das unsere »Literatur« meist beherrscht. Wer Ishiguro mochte, wird diesen Roman weit höher schätzen. 
Aber auch Sprache und Stil überzeugen ganz und gar und lassen keine Wünsche offen, das Lesen macht Freude, man erkennt deutlich, dass sie sich an den anerkannten Altmeistern orientieren. »Philolog« urteilt auch richtig über Romandebuts, er stellt ja nur fest, dass dieser hier rundum geglückt ist, und das ist die große Ausnahme, denn regelmäßig machen Newcomer zu viel, meist aber viel zu wenig, und danach kommt dann gar nichts mehr. Um diesen herausragenden Roman sollte sich die »Fachkritik« kümmern, statt ständig über immer dieselbe gängige Ware und all den postmodernen Unfug zu schwätzen.

 

Weniger ist mehr (J. Schneider)

Auf weiten Strecken ist dieses Buch allererste Sahne, eine mit leichter Hand skizzierte Zukunftsvision gesellschaftlicher Entwicklungen vor dem Hintergrund der aktuellen Gen-, Transplantations- und Hirnforschung, in der die Schöne neue Welt des Aldous Huxley nach fast acht Jahrzehnten eine ganz andere, wenn auch kaum weniger verstörende Richtung genommen hat. Das Ganze gekonnt verpackt in ein sehr persönlich gehaltenes Drama, das dem Erzähler die eigenen Denkweisen zunächst genüsslich vorführt und sie ihm dann in einer schon längst erahnten Schlussszene gründlich um die Ohren haut. Spannend geschrieben, mit handlungsorientierten und dabei leichtfüßigen Ausflügen in unterschiedlichste Wissensgebiete - und in vielen Aspekten durchaus glaubhaft als eine unserer möglichen Zukunftswelten. Absolut lesenswert! 

Kleine Einschränkung: Zwei Dinge haben mich beim Lesen geärgert, die in diesem Buch wie Fremdkörper wirken! Zum einen die offenbar Marketingvorstellungen geschuldete, schwülstig dampfende Erzählweise der vereinzelten Liebesszenen. Zum anderen das gänzlich sinnfreie und seitenlang den Leser quälende Auswalzen fürchterlichsten Musikkritiker-Vokabulars. Liebe und Musik haben zwar große Bedeutung für die Entwicklung der Handlungsabläufe, weniger Schwulst und Geschwätzigkeit auf diesen zum Glück nur wenigen Seiten wären für den Gesamteindruck allerdings von deutlichem Vorteil gewesen. Doch das nur am Rande. In meinem Regal wird das Buch einen Platz in Augenhöhe finden.

Autorenkommentar: So wie Thomas Mann für seinen Faustroman auf die Hilfe Th. W. Adornos angewiesen war, rührt auch bei IMAGO das Musikkritikervokabular von (mit heftigen Diskussionen verbundener) Einflussnahme eines Musikkenners und -kritikers. Außerdem charakterisiert eben dieses Vokabular den allzugern arrogant theoretisierenden Dr. Brandt. Zu den Liebesszenen: ein schwieriges Gebiet, literarisch nicht einfach zu bewältigen. Aber schwülstig dampfend? Hier würden mich die Meinungen/Kommentare anderer Leser interessieren. Derzeit sitze ich über dem ersten von vier geplanten Romanen mit phantastischen Elementen. Liebe ist eingeplant, Musik nicht, bzw. weniger anspruchsvoll.

Professor Peter Horst Neumann in einem persönlichen Schreiben (www.peterhorstneumann.de):

Meine Frau, die öfters meine Voraus- und Vorleserin ist, hatte mich zuletzt immer dringlicher in die Lesepflicht gerufen. So war meiner Lektüre nahezu unbezweifelbar ein hoher Respekt vor dem schriftstellerischen und intellektuellen Rang Ihres Buches vorgegeben, und sie lief denn auch tatsächlich auf Bestätigung hinaus. Gut, daß ich über den Fortgang der Handlungen und erinnernden Rückblicke schon einigermaßen im Bilde war, das half mir, das Widerstreben, das ich gegenüber filmischen und literarischen Zukunftsprojektionen empfinde, erst kleinzuhalten und schließlich für diesmal zu überwinden. Die alltägliche Mühe, Vergangenheiten und Gegenwart in einem leidlich lebbaren Verhältnis zu halten, läßt mich zu künstlerischen Fortschreibungen unserer präsenten Weltapokalypse instinktiv Abstand halten. Da Sie mich aber nun einmal in die eingewohnten Ich- und Welt-Wahrnehmungen durch die perfekte Virtualisierung von tendenziell Allem und Jedem hineingezogen hatten -ja, wodurch wohl, wenn nicht durch ihre geistreiche Roman-Konstruktion und weltkluge Erzählersprache -, so war ich nun Ihr staunender Leser und meine Erfahrungen mit der Branche unserer Buch-Hersteller und -Vertreiber zugleich um ein bedeutendes Ärgernis reicher. Denn Ihr Buch nicht von einem unserer besseren Verlage betreut und verbreitet zu wissen, steht jetzt als Memento auf meiner Liste der Unerklärlichkeiten unseres Bücherwesens.

BÜCHER1
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