II. 9 Geschenkt
II.9 Geschenkt
Schenken - Beschenkt werden; Wünsche und Forderungen
an sich, an andere, an das Leben.
Beschenkt werden durch eine freundliche Begrüßung, den Wangenkuss (la bise, auch zum Abschied), ein unerwartetes Kompliment, beschenkt mit Zeit und Aufmerksamkeit; ein freundliches Schnurren an meinen Beinen entlang, an meiner Wange, Nasenstüber und Wangen reiben, ja, auch ein Kuss mit feuchter Schnauze von meinem heiß geliebten Kater Onyx, Gesicht und Nase versenken in sein duftendes Fell. Trost finden angesichts der Zumutungen des Lebens, Trost gefunden bei selbstgerechten Vorwürfen meines Mannes - seine Natur: er konnte nicht anders – wie wir alle nur schlecht ankommen gegen unsere Natur… Mein Kater: Manchmal duftet er nach dem Parfum meiner Nachbarin, die ihn ebenso heiß und innig liebt wie ich und seine Zeit und Zuneigung mit mir teilt. Ich lerne: Es ist besser, Gutes zu teilen, als es alleine nicht zu besitzen.
Geschenk eines sonnendurchglühten Tages, Wärme in allen Gliedern, genießen, überschäumen und versinken im Augenblick. Die Wohltat von kühlendem Nass, meine Stirn umfächelt von einer frischen Brise, bereit, mit offenen Sinnen in das Leben einzutauchen.
Das Leben. Es fordert und verlacht mich, betrügt auch und spielt mit falschen Karten. Erscheint in vielfältiger Gestalt. Ein Rätsel. Dann wieder finde ich mich von ihm beschenkt aus einem Füllhorn verschwendeter Gaben (womit habe ich sie verdient?) - und dankbar nehme ich sie an.
Wünsche
Kränkungen und Zurückweisungen. Depression. Trotz: unser beleidigtes Ich.
Unbemerkt unbeachtet ungewollt unverstanden unbelehrt unverziehen unverzeihlich unwissend unsicher unsichtbar unerzogen ungezogen unselbständig unvermögend ungehörig unerlöst ungestraft ungelobt ungeliebt ungelebt
Worte sind Schläge, hämmernd an den Konturen des ICH . Worte sind Säuren, auflösend die Gewissheiten des ICH. Lassen es
täglich kleiner werden, schmaler, schrumpfen. Hin zum Verschwinden.
Unterdrückt. Meine Wünsche unerfüllt, die Mühen umsonst,
Ich will - ich kann – ich kann – ich muss. Der Trotz.
Er sagt : Nein.
Wehr dich! Wirf ab die Fesseln fremder Urteile, fremder Zumutungen und Erwartungen, der Zuordnungen und Demütigungen! Befrei dich!
ICH breche durch den Boden, forme aus den Trümmern erst Geschosse für das beleidigte Ich, dann Bausteine künftiger Selbstbehauptung. Befreit.
Wunschlos glücklich?
Wunschlos meine Antwort in Zeiten, da ich aufgehört hatte, an das Wünschen zu glauben. Der Buddha mein Lehrer. Wunschlos die Antwort zu den Erwartungen, den Zumutungen, den an mich gestellten Fragen.
Wunschlos und leer, hinabsinken, zeitlos der Grund.
Tröstliche Verneinung aufnehmen, aufgehen, vergehen.
Glück.
Schenkungen - Kränkungen – Trotz - sich auflösen
Über allem die Suche nach Glück.
Wie passt das zusammen?