IV. Corona und kein Ende
IV.1
Niemand kann sich abschotten
meint Ingrid Ruff: Statt zum Europaseminar in Polen ab 15. März 2020 - gestrandet in Görlitz. Lockdown mit reichlich Zeit zum Lesen, Nachdenken und Schreiben. Zum Beispiel zu:
Ein Gespräch über die Corona-Krise, die Wirtschaft und die Menschenrechte (ZEIT Nr. 17, S. 43f)
Auf die Eingangsfrage, ob Epochenwende, Geschichtszeichen oder "nur" eine normale Pandemie
fallen viele Schlagworte, vom Kantschen Imperativ, über die Katastrophe, die Einsichtsfähigkeit, gemeinsame Betroffenheit von Problemen, die es kooperativ zu lösen gelte. Die "Vernetzung von Waren, Informationen und Personen" wird als Träger des Problems gesehen, usw:"Weltfrieden, Klimakrise, das absolute Unrecht unseres Wohlstands, der sich dem Übelstand des globalen Südens verdankt (bescheidene Zwischenfrage: Wer ist der globale Süden?) globale ökonomische Krisen und Pandemien, vor allem auch solche, die durch die Medizin und die Profitinteressen der Pharmaindustrie verursacht werden."
"Frieden, Klima, Wohlstand und Gesundheit... globale allgemeine Güter, die nur durch internationales Recht, internationale Organisation und internationale Menschenrechte gehütet werden können". Die Meinungen von Virologen, Ökonomen und Verfassungsrechtlern seien gefragt (nur diese?) usw.
Zum Schluss die Vermutung, selbst die regelmäßige Wiederkehr von Pandemien werde zu keinem grundlegenden Wandel führen: das Eingeständnis weltweiten Unvermögens. Angesichts der beschworenen hohen Werte wie Frieden, internationale Menschenrechte u.a. ist das für mich bloßes Wortgeklingel, basierend auf unscharfen, oft tautologisch verwendeten Begriffen, inhaltsleeren Schlagworten ideologischer Sprache. Nicht überzeugend.
Diskussionen wie diese führen mich zur Überzeugung: Wir sind eine Gesellschaft von Sehgestörten, die über der Aufzählung des Wünschenswerten die Grundlagen des Lebens aus den Augen verlieren.
Wer - frage ich - sind die Schwächsten, für die unser Einsatz lohnen soll? Die an Corona Erkrankten oder die zur Quarantäne Verurteilten? Die in Flüchtlingslagern zusammen Gepferchten, die Slumbewohner und ihre Kinder oder jene Wanderarbeiter, denen sogar das Wellblechdach über dem Kopf fehlt? Sie alle mehr oder weniger hilfsbedürftig, aber doch Menschen, denen wir dank ihrer menschlichen Intelligenz Erkenntnis ihrer Situation, sowie den Wunsch und die Kraft, sie zu ändern, zutrauen.
Die Botschaft des Slumdog-Millionärs lautet: Jedem Menschen seine Chance und sei sie noch so gering.
Doch was ist mit dem aus einem Ei der Legebatterie geschlüpften Küken? Was mit der Rauchschwalbe, die aufgrund gesetzlicher Bestimmungen nicht mehr im Kuhstall brüten darf und aufgrund der Ackerchemie keine Insekten zum Überleben findet? Wo ist die Chance für ein Kalb, das für die Produktion von hellfleischigen Schnitzeln von der Mutter getrennt und zum Vegetieren auf engstem Raum verurteilt wird? Wo ist die Chance für den an einem Bein aufgehängten Jungbullen? Seine verzweifelten Schreie gellen mir jetzt noch in den Ohren. Oder die für weitere Mutterschaften untaugliche Kuh? Ohne Raum, sich auszustrecken, ohne Nahrung und Wasser, wie es jedem fühlenden Wesen zusteht, werden sie über Ländergrenzen und Meere ihrem Schicksal zugeführt, ein Schicksal, wie Sadisten es sich schlimmer nicht vorstellen können - und wir brauchen die Vorstellung nicht einmal, da wir es wissen.
Wohin führen "Abstriche bei Klima und Artenschutz", wie ich es heute in den Nachrichten höre?
Dahin führen sie.
Exkurs: Vor fast 50 Jahren, beim Campingurlaub in Ungarn unterhielten mein Mann und ich uns mit einem Ehepaar aus Passau. Irgendwann landeten wir im 2. Weltkrieg, dann an der Ostfront, und entweder war eine gewisse Vertrauensbasis da oder das Bedürfnis zu sprechen zu groß. Der Ehemann erzählte, dass ihm zusammen mit Kameraden aufgetragen wurde, wehrlose Gefangene zu erschießen und dass er geschossen hatte aus Angst, den Befehl zu verweigern. "Hatte ich denn eine Wahl?" seine Frage. Nach 40 Jahren beschwerte die Frage immer noch sein Gewissen, seines und vielleicht das von einigen seiner Kameraden. Wohl der Grund, warum die Naziführung sich um die seelische Gesundheit der Einsatzkräfte sorgte, eine im Zivilleben unerwünschte Verrohung befürchtete. Das Töten im Rahmen der Endlösung eine zwar unangenehme, aber notwendige Pflicht, laut Himmler ein nie da gewesenes Ruhmesblatt der deutschen Geschichte....
Den Schritt von der Sorge um die eigenen Schergen zur Empathie für die Opfer schaffte die NS Führung leider nicht. Im Gegenteil: Mitleid mit dem Feind wurde unbarmherzig bestraft.
Wie steht es heute um unser Mitgefühl, wo es ums Töten geht? Wo bleibt unser Mitgefühl für die unschuldigen Schlachtopfer, aber auch unsere Sorge um die im Akkord Tötenden, weil sie anders ihren Lebensunterhalt nicht sichern können? Die Einen von der Schöpfungsordnung oder den Naturgesetzen in unsere Hand gegeben, die Anderen in einem Beruf wie jeder andere?
Ach, denken wir nicht darüber nach, so wie die Herren Professoren der ZEIT-Gespräche nicht darüber nach gedacht haben, so wie die meisten Entscheidungsträger der Politik nicht nachdenken über unsere Verantwortung gegenüber der Natur und ihren schwächsten Kindern.
Fazit: das Los der Tiere zu unerheblich, um erwähnt zu werden.
Pfui
Dagegen:
Wer die Verhältnisse bessern will, muss die Ursachen nennen.
Der Spiegel Nr. 17. vom 18.04. nennt sie beim Namen: die zahlreichen Anzeichen der globalen Krise, unsere teils leichtfertigen teils verbrecherischen Eingriffe in die Natur, spart die "industrielle Tierquälerei" nicht aus. ENDLICH.
Im Gegensatz zu vielen Befragten, die regelmäßig wiederkehrende Pandemien erwarten und resignieren, bzw. in ein weiter so nach bekanntem Muster flüchten, beschreibt Ullrich Fichtner eine bessere Welt, die sich aus der Krise entwickeln kann. Genial das Titelbild mit der Vision einer neuen Schöpfung .
Hoffen wir, dass "Nachhaltigkeit" Programm wird in einem "Europa, das schützt" und wieder ein Europa der offenen Grenzen sein wird. Mit den Worten Ullrich Fichtners: "Die Korrektur kann nun beginnen."
IV.2 GASTKOMMENTAR von Prof. Dr. med. Dr. h.c. Paul Robert Vogt
Überlegungen eines besorgten Schweizer Bürgers
Vorwort: wieso nehme ich überhaupt Stellung?
Aus 5 Gründen:
1. bin ich mit meiner Stiftung «EurAsia Heart – A Swiss Medical Foundation» seit mehr als 20 Jahren in EurAsien tätig, habe fast ein Jahr in China gearbeitet und seit 20 Jahren eine kontinuierliche Verbindung zum «Union Hospital of Tongji Medical College/Huazhong University of Science and Technology» in Wuhan, wo ich eine meiner vier Gastprofessuren in China habe. Die 20-jährige Verbindung zu Wuhan habe ich auch in den jetzigen Zeiten konstant aufrechthalten können.
2. ist COVID-19 nicht nur ein Problem der mechanischen Beatmung, sondern betrifft das Herz in ähnlicher Weise. 30% aller Patienten, welche die Intensivstation nicht überleben, versterben aus kardialen Gründen.
3. ist die letzt-mögliche Therapie des Lungenversagens eine invasiv-kardiologische, respektive kardiochirurgische: die Verwendung einer «ECMO», der Methode der «extrakorporellen Membran-Oxygenation», d.h. die Verbindung des Patienten mit einer externen, künstlichen Lunge, welche bei diesem Krankheitsbild die Funktion der Lunge des Patienten so lange übernehmen kann, bis diese wieder funktioniert.
4. bin ich – ganz einfach – um meine Meinung gefragt worden.
5. sind sowohl das Niveau der medialen Berichterstattung wie auch sehr viele Leser-Kommentare nicht ohne Widerspruch hinzunehmen und zwar in Bezug auf Fakten, Moral, Rassismus und Eugenik. Sie benötigen dringend einen Widerspruch durch zuverlässige Daten und Angaben.
Die dargelegten Fakten entstammen wissenschaftlichen Arbeiten, welche ein «peer-review» durchlaufen haben und in den besten medizinischen Zeitschriften publiziert worden sind. Viele dieser Fakten waren bis Ende Februar bekannt. Hätte man diese medizinischen Fakten zur Kenntnis genommen und wäre man fähig gewesen, Ideologie, Politik und Medizin zu trennen, wäre die Schweiz heute mit grosser Wahrscheinlichkeit in einer besseren Lage: wir hätten pro Kopf nicht die zweitmeisten COVID-19-positiven Leute weltweit und eine bedeutend kleinere Zahl an Menschen, welche ihr Leben im Rahmen dieser Pandemie verloren haben. Zudem hätten wir mit grosser Wahrscheinlichkeit keinen partiellen, unvollständigen «Lock-down» unserer Wirtschaft und keine kontroversen Diskussionen, wie wir hier wieder «herauskommen».
Anmerken möchte ich noch, dass alle wissenschaftlichen Arbeiten, die ich erwähne, bei mir im Original erhältlich sind.
1. Die Zahlen in den Medien
Es ist verständlich, dass alle das Ausmass dieser Pandemie auf die eine oder andere Art erfassen möchten. Nur, die tägliche Rechnerei hilft uns nicht weiter, da wir nicht wissen, wie viele Personen lediglich folgenlos Kontakt mit dem Virus hatten und wie viele Personen tatsächlich krank geworden sind.
Die Anzahl asymptomatischer COVID-19 Träger ist wichtig, um Vermutungen über die Ausbreitung der Pandemie machen zu können. Um brauchbare Daten zu haben, hätte man jedoch zu Beginn der Pandemie breite Massentests durchführen müssen. Heute kann man nur noch vermuten, wie viele Schweizer Kontakt mit COVID-19 hatten. Eine Arbeit mit einer amerikanisch-chinesischen Autorenschaft hat schon am 16. März 2020 publiziert, dass auf 14 dokumentierte mit 86 nicht-dokumentierten Fällen von COVID-19-positiven Personen zu rechnen ist. In der Schweiz muss man deshalb damit rechnen, dass wohl 15x bis 20x mehr Personen COVID-19-positiv sind, als in den täglichen Berechnungen dargestellt wird.
Um den Schweregrad der Pandemie zu beurteilen, bräuchten wir andere Daten:
eine exakte, weltweit gültige Definition der Diagnose «an COVID-19 erkrankt»: a) positiver Labortest + Symptome; b) positiver Labortest + Symptome + entsprechender Befund im Lungen-CT; oder c) positiver Labortest, keine Symptome, aber entsprechende Befunde im Lungen-CT.
die Anzahl hospitalisierter COVID-19-Patienten auf der Allgemeinabteilung
die Anzahl COVID-19-Patienten auf der Intensivstation
die Anzahl beatmeter COVID-19-Patienten
die Anzahl von COVID-19-Patienten am ECMO
die Anzahl an COVID-19 Verstorbenen
die Anzahl infizierter Ärzte und Pflegepersonen
Nur diese Zahlen ergeben ein Bild vom Schweregrad dieser Pandemie, respektive von der Gefährlichkeit dieses Virus. Die aktuelle Anhäufung von Zahlen ist derart ungenau und hat einen Touch von «Sensations-Presse» - das letzte, was wir in dieser Situation noch brauchen.
2. «Eine gewöhnliche Grippe»
Handelt es sich hier nur um «eine gewöhnliche Grippe», die jedes Jahr vorüberzieht und gegen die wir üblicherweise «nichts» unternehmen – oder um eine gefährliche Pandemie, welche rigide Massnahmen benötigt?
Um diese Frage zu klären, muss man bestimmt keine Statistiker fragen, die noch nie einen Patienten gesehen haben. Die reine, statistische Beurteilung dieser Pandemie ist sowieso unmoralisch. Fragen muss man die Leute an der Front.
Keiner meiner Kollegen – und ich natürlich auch nicht – und niemand vom Pflegepersonal kann sich erinnern, dass in den letzten 30 oder 40 Jahren folgende Zustände herrschten, nämlich dass:
ganze Kliniken mit Patienten gefüllt sind, welche alle dieselbe Diagnose besitzen;
ganze Intensivstationen mit Patienten gefüllt sind, welche alle dieselbe Diagnose aufweisen;
25% bis 30% der Pflegenden und der Ärzteschaft genau jene Krankheit auch erwerben, welche jene Patienten haben, die sie betreuen;
zu wenig Beatmungsgeräte zur Verfügung standen;
eine Patientenselektion durchgeführt werden musste, nicht aus medizinischen Gründen, sondern weil wegen der schieren Anzahl an Patienten schlicht das entsprechende Material gefehlt hat;
die schwerer erkrankten Patienten alle dasselbe – ein uniformes – Krankheitsbild aufgewiesen haben;
die Todesart jener, die auf der Intensivstationen verstorben sind, bei allen dieselbe ist;
Medikamente und medizinisches Material auszugehen drohen.
Aufgrund von 1-8) ist es klar, dass es sich um einen gefährlichen Virus handelt, der dieser Pandemie zugrunde liegt.
Die Behauptungen, eine «Influenza» sei genau gleich gefährlich und koste jedes Jahr gleich viele Opfer ist falsch. Zudem ist die Behauptung, man wisse nicht, wer «an» und wer «wegen» COVID-19 sterbe, ebenso aus der Luft gegriffen.
Vergleichen wir Influenza und COVID19: hat man das Gefühl, bei Influenza seien immer alle Patienten «wegen» Influenza gestorben und nie einer «mit»? Sind wir Mediziner im Rahmen der COVID-19-Pandemie nun alle plötzlich so verblödet, dass wir nicht mehr unterscheiden können, ob jemand «mit» oder «wegen» COVID-19 stirbt, wenn diese Patienten eine typische Klinik, typische Laborbefunde und ein typisches Lungen-CT aufweisen? Aha, bei der Diagnose «Influenza» waren natürlich alle immer hellwach und haben immer die ganze Diagnostik bemüht und waren immer sicher: nein, bei der Influenza sterben alle «wegen» und nur bei COVID-19 viele «mit».
Zudem: wenn es in einem Jahr in der Schweiz angeblich 1600 Influenza-Tote gab, so sprechen wir über 1600 Tote über 12 Monate – ohne präventive Massnahmen. Bei COVID-19 gab es jedoch 600 Tote in 1(!) Monat und das trotz massiver Gegenmassnahmen. Radikale Gegenmassnahmen können die Verbreitung von COVID-19 um 90% senken – man kann sich also vorstellen, welches Szenario ohne Gegenmassnahmen herrschen würde.
Zudem: in einem Monat wurden in der Schweiz >2200 Patienten wegen COVID-19 hospitalisiert und es wurden gleichzeitig bis zu 500 Patienten auf verschiedenen Intensivstationen hospitalisiert. Nie hat jemand von uns auch nur annähernd solche Zustände im Rahmen einer «Influenza» gesehen.
Im Rahmen einer «gewöhnlichen» Influenza erwerben ca. 8% der Betreuenden ebenfalls eine Influenza, aber niemand stirbt daran. Bei COVID-19 werden 25% bis 30% der Betreuenden infiziert und das ist mit einer signifikanten Mortalität verbunden. Dutzende von Ärzten und Pflegepersonen, die COVID-19 Patienten betreut haben, sind an derselben Infektion verstorben.
Zudem: suchen Sie einmal die harten Zahlen zu «Influenza»! Sie werden keine finden. Was sie finden, sind Schätzungen: ca. 1000 oder 1600 in der Schweiz; ca. 8000 in Italien; ca. 20'000 in Deutschland. Eine FDA-Studie (US Food and Drug Administration) hat untersucht, wie viele der 48'000 Influenza-Toten eines Jahres in den USA wirklich wegen klassischer Influenza-Pneumonie gestorben sind. Resultat: alle möglichen Krankheitsbilder wurden unter «Tod durch Pneumonie» subsummiert, so z.B. auch die Lungenentzündung eines Neugeborenen, der bei der Geburt Fruchtwasser in die Lunge aspiriert hat. Die Anzahl der effektiv «wegen Influenza verstorbenen» - Patienten sank in dieser Analyse dramatisch weit unter 10'000 ab.
Auch in der Schweiz kennen wir die genaue Anzahl von Patienten nicht, die jährlich an Influenza versterben. Und dies trotz Dutzender massiv überteuerter Datenerfassungs-Systeme; trotz sinnloser Doppel- und Triple-Erfassung der Daten durch Kliniken, Krankenkassen und Gesundheitsdirektionen; trotz eines sinnlosen und überteuerten DRG-Systems, das nur Nonsens produziert. Wir können nicht mal exakt die Zahlen von hospitalisierten Influenza-Patienten pro Monat liefern! Aber Millionen und Milliarden für überteuerte und kontraproduktive IT-Projekte verschwenden.
Aufgrund des aktuellen Wissensstandes kann man insgesamt nicht von einer «gewöhnlichen Grippe» reden. Und deshalb ist die widerstandslose Durchseuchung der Gesellschaft auch kein Rezept. Ein Rezept, notabene, welches Grossbritannien, die Niederlande und Schweden versucht und nacheinander aufgegeben haben.
Aufgrund des aktuellen, mangelhaften Wissensstandes sagen auch die Zahlen des Monats März überhaupt nichts aus. Wir können glimpflich davonkommen, oder eine Katastrophe erleben. Rigide Massnahmen bewirken, dass die Kurve der Kranken flacher verläuft. Es geht aber nicht nur um die Höhe der Kurve, es geht auch um die Fläche unter der Kurve und diese repräsentiert am Ende die Anzahl Toter.
3. «Es sterben nur alte und kranke Patienten»
Prozentzahlen – Nebendiagnosen – Moral und EUGENIK
Das Alter der in der Schweiz Verstorbenen liegt zwischen 32 und 100 Jahren. Zudem gibt es einige Studien und Berichte, welche zeigen, dass auch Kinder an COVID-19 verstorben sind.
Ob wegen COVID-19 nun 0.9% oder 1.2% oder 2.3% versterben ist sekundär und bloss Futter für Statistiker. Relevant ist die absolute Anzahl an Toten, die diese Pandemie verursacht. Sind 5000 Tote weniger schlimm, wenn sie 0.9% aller COVID-19-Träger darstellen? Oder sind 5000 Tote schlimmer, wenn sie 2.3% aller COVID-19-Träger darstellen?
Angeblich beträgt das durchschnittliche Alter der verstorbenen Patienten 83 Jahre, was von vielen – von zu vielen in unserer Gesellschaft – wohl als vernachlässigbar abgetan wird.
Die lässige Grosszügigkeit, wenn andere sterben, ist in unserer Gesellschaft nicht zu übersehen. Das andere, das sofortige Geschrei und die immediaten Schuldzuweisungen, wenn es einem selber oder nächste Angehörige trifft, kenne ich zur Genüge.
Alter ist relativ. Der eine US-Präsidentschafts-Kandidat ist heute 73 und der andere ist 77 Jahre alt. Mit guter Lebensqualität ein hohes, selbstbestimmtes Alter zu erreichen, ist ein hohes Gut, für das wir in der Schweiz ins Gesundheitswesen investiert haben. Und es ist das Resultat der Medizin, dass man auch mit drei Nebendiagnosen bei guter Lebensqualität ein hohes Alter erreichen kann. Diese positiven Errungenschaften unserer Gesellschaft sind nun plötzlich nichts mehr wert, sondern, mehr noch, nur noch eine Last?
Zudem: wenn 1000 über 65-Jährige oder 1000 über 75-Jährige untersucht werden, die bisher meinten, sie seien gesund, haben nach einem gründlichen Check wohl >80% neu 3 "Nebendiagnosen", besonders wenn es sich um die weit verbreiteten Diagnosen „hoher Blutdruck“ oder „Zucker“ handelt.
Gewisse Medien-Artikel und Leser-Kommentare – viel zu viele, meiner Meinung nach – überschreiten bei dieser Diskussion jede Grenze, haben den üblen Geruch der Eugenik und es kommen Erinnerungen an bekannte Zeiten auf. Muss ich wirklich jene Jahreszahlen nennen? Es erstaunt mich, dass unsere Medien nicht bemüht sind, in dieser Sache einmal Klartext zu schreiben. Es sind ja unsere Medien, welche diese erbärmlichen Meinungsäusserungen in ihren Kommentarspalten publizieren und so stehen lassen. Und ebenso erstaunlich ist, dass die Politiker es nicht für notwendig erachten, einmal eine klare Stellungnahme zu diesem Punkt abzugeben.
4. Diese Pandemie war angekündigt
War die Schweiz minimal auf diese Pandemie vorbereitet? NEIN.
Hat man Vorkehrungen getroffen, als COVID-19 im China ausgebrochen ist? NEIN.
Hat man wissen können, dass eine COVID-19-Pandemie über die Welt ziehen wird?
JA, SIE WAR ANGEKÜNDIGT UND DIE DATEN LAGEN BIS MÄRZ 2019 VOR.
SARS war 2003.
MERS war 2012.
2013 hat der Deutsche Bundestag Katastrophen-Szenarien diskutiert: wie bereitet sich Deutschland auf Katastrophen, z.B. Überschwemmungen vor. In diesem Rahmen wurde auch diskutiert, wie Deutschland auf eine zukünftigen SARS-Pandemie reagieren muss! Ja, im Jahre 2013 hat der Deutsche Bundestag eine SARS-Corona-Pandemie in Europa und Deutschland simuliert!
In 2015 wurde eine experimentelle Gemeinschaftsarbeit von Forschern aus drei US-Universitäten, Wuhan und einem italienischen Forscher aus Varese, der in Bellinzona ein Labor hat, publiziert. Diese produzierten synthetisch hergestellte Corona-Viren im Labor und infizierten damit Zellkulturen und Mäuse. Grund der Arbeit: man wollte einen Impfstoff respektive monoklonale Antikörper produzieren, um gegen die nächste Corona-Pandemie gewappnet zu sein.
Ende 2014 hatte die US-Regierung Forschung an MERS und SARS wegen der Gefährlichkeit für Menschen für ein Jahr ausgesetzt.
2015 hielt Bill Gates eine weit beachtete Rede und meinte: die Welt sei auf die nächste Corona-Pandemie unvorbereitet.
2016 erschien erneut eine Forschungsarbeit, welche mit Corona-Viren hantierte. Das «Summary» dieser Publikation muss man sich auf der Zunge zergehen lassen, denn es handelt sich hier um die perfekte Beschreibung dessen, was aktuell abläuft: “Focusing on SARS-like CoVs, the approach indicates that viruses using the WIV1-CoV spike protein are capable of infecting human alveolar endothelium cultures directly without further spike adaptation. Whereas in vivo data indicate attenuation relative to SARS-CoV, the augmented replication in the presence of human Angiotensin-Converting-Enzyme Typ 2 in vivo suggests that the virus has significant pathogenic potential not captured by current small animal models.”
Im März 2019 wurde in der epidemiologischen Studie von Peng Zhou aus Wuhan gesagt, dass u.a. aufgrund der Biologie der Corona-Viren in den Fledermäusen („bat“) in China vorausgesagt werden kann, dass es in Kürze eine erneute Corona-Pandemie geben werde. Mit Sicherheit! Man könne nur nicht genau sagen wann und wo, aber China werde der hot-spot sein.
Im Prinzip waren das 8 KONKRETE, DEUTLICHE WARNUNGEN INNERHALB VON 17 JAHREN, dass so etwas kommen wird. UND DANN KOMMT ES TATSÄCHLICH! Im Dezember 2019, 9 Monate nach Peng Zhou's Warnung. Und die Chinesen informieren die WHO nachdem sie 27 Patienten mit atypischer Pneumonie ohne Todesfall gesehen haben. Noch am 31. Dezember beginnt die Reaktionskette von Taiwan, die aus insgesamt 124 Massnahmen bestand – alles bis zum 03. März 2020 publiziert. Und nein, es wurde nicht auf Taiwanesisch-chinesisch in einer Asiatischen Medizinischen Zeitschrift publiziert, sondern unter Mitarbeit der University of California im „Journal of American Medical Association“.
Das Einzige was man tun musste: ab dem 31. Dezember 2019 „bat + coronavirus“ in «PubMed», der U.S. National Library of Medicine, eingeben und alle Daten lagen vor. Und man musste nur die Publikationen bis Ende Februar 2020 verfolgen, um zu wissen, 1) was auf uns zukommt und 2) was zu tun ist.
Uzbekistan hat im Dezember ihre 82 Studenten aus Wuhan zurückbeordert und alle in Quarantäne gesteckt. Am 10. März habe ich von Uzbekistan aus, weil ich nach meiner Meinung gefragt worden war, die Schweiz gewarnt: Parlamentarier, Bundesrat, BAG, Medien.
Und was hat die Schweiz seit der Meldung China's an die WHO am 31. Dezember 2019 gemacht? Unsere Landesregierung, unser BAG, unsere Experten, unsere Pandemiekommission? Es sieht so aus, dass sie nichts mitbekommen haben. Natürlich, die Situation ist heikel. Sollte man die Bevölkerung informieren? Panik säen? Wie vorgehen? Was man wenigstens hätte tun können: die exzellenten wissenschaftlichen Arbeiten der Chinesischen und Amerikanisch-Chinesischen Wissenschaftler studieren, die in den besten Amerikanischen und Englischen Medizinischen Zeitschriften publiziert worden sind.
Man hätte wenigstens – und das wäre ohne Information an die Bevölkerung, ohne Panik zu säen, machbar gewesen – man hätte wenigstens das notwendige medizinischen Material auffüllen können. Dass die Schweiz mit ihrem 85-Milliarden-schweren Gesundheitswesen, in welchem eine durchschnittliche 4-köpfige Mittelstandsfamilie die Krankenkassen-Prämien nicht mehr bezahlen kann, nach 14 Tagen lauem Gegenwind an der Wand steht, über zu wenig Masken, zu wenig Desinfektionsmittel und zu wenig medizinischem Material verfügt, ist eine Schande. Was hat die Pandemie-Kommission gemacht? Wenn das keine PUK braucht. Aber keine, die nur mit Politkern besetzt ist.
Und so hat sich das behördliche Versagen bis heute fortgesetzt. Keine der von Singapur, Taiwan, Hongkong oder China erfolgreich eingesetzten Massnahmen wurden angewendet. Keine Grenzschliessung, keine Grenzkontrollen, jeder konnte und kann immer noch problemlos in die Schweiz immigrieren ohne überhaupt kontrolliert zu werden (habe ich am 15. März selber so erfahren).
Es waren die Österreicher, welche die Grenze zur CH geschlossen haben und es war die italienische Regierung, welche Ende März endlich die SBB gestoppt hat und so weiter und so fort. Und noch heute gibt es keine Quarantäne für Personen, die in die Schweiz einreisen.
Wurde die Forschungsgruppe von Antonio Lanzavecchia in Bellinzona konsultiert? Antonio Lanzavecchia, der an den oben erwähnten Forschungsarbeiten zu den synthetisch hergestellten Corona-Viren als Co-Autor beteiligt war? Wie kann es sein, dass Hr. Lanzavecchia am 20. März in einem kleinen Tessiner TV-Sender sagt, dass dieses Virus extrem ansteckend und extrem resistent sei – das BAG am 22. März, 2 Tage später also, von einem «Silberstreifen am Horizont» schreibt?
Wie kann es sein, dass eine gemischt Amerikanische-Chinesische Autorenschaft am 06. März im «Science» publiziert, dass nur eine kombinierte Grenzschliessung und eine lokale Ausgangssperre effektiv sind, dann aber die Verbreitung des Virus um 90% einzudämmen vermögen – das BAG und Bundesrat aber mitteilen, dass Grenzschliessungen nichts bringen, «weil sich die meisten sowieso zu Hause anstecken» würden.
Das Maskentragen wurde für nicht notwendig befunden – aber nicht, weil dessen Effektivität nicht bewiesen wäre. Nein, weil man schlicht nicht genügend Masken zur Verfügung stellen konnte. Man müsste lachen, wenn es nicht so tragisch wäre: statt die eigenen Versäumnisse einzugestehen und sie immediat zu korrigieren, hat man lieber den Deutschen Botschafter einbestellt. Was hat man ihm gesagt? Dass das 85-Milliarden-schwere Schweizer Gesundheitswesen keine Masken hat, um seine Bürger, Pflegende und Ärzte zu schützen?
Die Serie von peinlichen Pannen lässt erweitern: Hände-Desinfektion! Empfohlen, da wirksam und schon zu Zeiten der Spanischen Grippe empfohlen. Haben wir von unseren Entscheidungsträgern je gehört, welche Desinfektionsmittel denn wirksam sind und welche nicht? Haben wir nicht, obwohl am 06. Februar 2020 ein Summary von 22 Arbeiten im «Journal of Hospital Infection» publiziert worden ist, welches schon damals berichtete, dass Corona-Viren bis zu 9 Tage auf Metall, Plastik und Glas überleben können und welche drei Desinfektionsmittel das Virus innert 1(!) Minute killen und welche nicht. Natürlich konnte man das richtige Desinfektionsmittel nicht konkret empfehlen: der Bürger hätte dann gemerkt, dass gar nicht genug davon vorhanden ist, weil das Pandemie-Lager, welches Ethanol (62%iges bis 71%iges Ethanol killt Corona-Viren innerhalb einer Minute) bereithalten sollte, 2018 aufgelöst worden war.
Als die Schwierigkeiten der Pandemie auch für das BAG offensichtlich wurden, liess man verlauten, dass Patienten, welche auf die Intensivstation müssten, sowieso schlechte Chancen hätten. Dies im klaren Widerspruch zu 4 bis dahin publizierten wissenschaftlichen Arbeiten, welche übereinstimmend berichten, dass 38% bis 95% aller Patienten, die auf die Intensivstation mussten, nach Hause entlassen werden konnten.
Ich will hier keine weiteren Punkte erwähnen. Klar sind zwei Dinge: die Pandemie wurde seit 2003 mindestens 8x angekündigt. Und nachdem ihr Ausbruch am 31. Dezember 2019 der WHO gemeldet worden war, hätte man 2 Monate Zeit gehabt, die richtigen Daten zu studieren und die richtigen Konsequenzen zu ziehen. Taiwan zum Beispiel, dessen 124 Massnahmen früh publiziert worden sind, hat am wenigsten Infizierte und Todesfälle und hat keinen «Lock-down» der Wirtschaft durchführen müssen.
Die Massnahmen der Asiatischen Ländern wurden aus politischen und diffusen Gründen als für uns nicht machbar qualifiziert. Einer davon: das Tracking Infizierter. Angeblich unmöglich und das in einer Gesellschaft, die ihre privaten Daten ohne Probleme an iCloud’s und Facebook auslagert. Tracking? Wenn ich jeweils in Tashkent, Peking oder Yangon aus dem Flugzeug steige, dauert es 10 Sekunden und Swisscom heisst mich im jeweiligen Land willkommen. Tracking? Nein gibt es bei uns nicht.
Hätte man sich besser orientiert, hätte man gesehen, dass gewisse Länder ohne rigide Massnahmen ausgekommen sind. In der Schweiz hat man allenfalls semi-rigide oder gar keine Massnahmen ergriffen, sondern hat die Bevölkerung im eigentlichen Sinne durchseuchen lassen. Rigidere Massnahmen wurden zu spät ergriffen. Hätte man reagiert, hätte man vielleicht keine solchen Massnahmen ergreifen müssen – und könnte sich die aktuellen Diskussionen um einen «Ausstieg» ersparen. Von den ökonomischen Folgen will ich gar nicht reden.
5. Politische Aspekte - Propaganda
Warum hat man nicht nach Asien geschaut? Es gab genug Zeit. Oder anders: wie hat man nach Asien geschaut? Die Antwort ist klar: arrogant, ignorant und besserwisserisch. Typisch europäisch, oder sollte ich sagen, typisch schweizerisch?
Xi Jinping war noch nett, als er meinte, Europa sei wegen seines «Narzissmus» innert kürzester Zeit das weltweite Zentrum der Pandemie geworden. Ich würde hinzufügen: wegen seiner Arroganz, seiner Ignoranz und seines unsäglichen Besserwissertums.
In den Kommentarspalten haben immer mehr Leser unserer Medien bemerkt, dass wir vielleicht aufhören sollten, andere konstant zu belehren, wenn wir selber pro Kopf mit Spanien zusammen die höchste Rate an COVID-19-positiven Leuten und eine der höchsten Sterberaten haben.
Europa scheint unbelehrbar. Amerika – zumindest seine Wissenschaftler und ein Teil seiner politischen Journalisten – haben anders reagiert. Amerika hat die exzellenten wissenschaftlichen Arbeiten Chinesischer Autoren anerkannt und sie in ihren besten Medizinischen Zeitschriften publiziert. Selbst im «Foreign Affairs», der wichtigsten Essay-Zeitschrift zur internationalen Politik finden sich Arbeiten mit Überschriften wie: «Was die Welt von China lernen kann»; und «China hat eine App und der Rest der Welt braucht einen Plan»; ferner, dass die «internationale Kooperation der Wissenschaftler ein Beispiel dafür sei», wie man in anderen Bereichen «multipolar zusammenarbeiten müsse» und wie die Welt nun einmal «interconnected» sei. Selbst der oft zitierte Anthony Fauci, Trump’s Chef-Virologie, rühmte im «Foreign Affairs» die Zusammenarbeit mit den Chinesischen Kollegen.
Dass die US-Politführung das nicht umgesetzt hat, ist nicht das Problem der Wissenschaftler, welche, inklusive WHO, die exzellente Arbeit der Chinesen vor Ort lobten: «the Chinese know exactly what they do»; «and they are really, really good at it».
Dagegen veröffentlichte das Deutsche Magazin DER SPIEGEL einen Artikel mit der Überschrift «Tödliche Arroganz» und damit meinten sie nicht Amerika, sondern das überhebliche Europa.
Was sind die Fakten?
Nach der SARS-Epidemie hat China ein Überwachungsprogramm installiert, welches eine auffällige Häufung atypischer Lungenentzündungen so früh wie möglich melden sollte. Als 4 Patienten in diesem Land mit seiner gigantischen Bevölkerung in kurzer Zeit eine atypische Lungenentzündung zeigten, hat das Überwachungssystem Alarm ausgelöst
Nachdem bei 27 (andere Quellen sagen: 41) Patienten in Wuhan eine atypische Pneumonie diagnostiziert worden war, aber noch kein einziger Todesfall vorlag, hat die chinesische Regierung am 31. Dezember die WHO informiert.
Am 07. Januar 2020 hat dasselbe Team von Peng Zhou, welches im März 2019 vor einer Corona-Pandemie gewarnt hatte, das vollständig definierte Genom des verursachenden Virus an die Welt weitergegeben, damit so schnell wie möglich weltweit Test-Kits entwickelt, eine Impfung erforscht und monoklonale Antikörper hergestellt werden können.
entgegen der Meinung der WHO haben die Chinesen Wuhan im Januar mit einem «travel ban» und einer Ausgangssperre lahmgelegt. Ich erspare es mir, auf die anderen Massnahmen einzugehen, welche in China getroffen worden sind. Nach Meinung internationaler Forschungsteams hat China mit diesen früh und radikal einsetzenden Massnahmen Hunderttausenden von Patienten das Leben gerettet.
am 31. Dezember 2019 hat Taiwan alle Flüge aus Wuhan gestoppt. Die weiteren 124 Massnahmen Taiwans sind im «Journal of American Medical Association» publiziert – rechtzeitig. Man hätte sie nur zur Kenntnis nehmen müssen.
Ohne Zweifel hat die «Command and Control»-Struktur Chinas initial zu einer Unterdrückung relevanter Informationen geführt, umgekehrt jedoch später bei der Begrenzung der Pandemie umso effektiver funktioniert. Der Umgang mit dem Augenarzt Li Wenliang ist schrecklich, passt jedoch zu solchen Ereignissen. Als 1918 der amerikanische Landarzt Loring Miner in Haskell County im US-Bundesstaat Kansas mehrere Patienten mit Grippesymptomen sah, welche an Heftigkeit alles Bisherige übertrafen, hat er sich an den „United States Public Health Service“ gewandt und um Unterstützung gebeten. Diese wurde im verweigert. Drei Patienten von Haskell County wurden zum Militärdienst eingezogen. Albert Gitchell, der Küchenunteroffizier – der Patient NULL – verbreitete das Virus in jener Kompanie, für die er kochte und die nach Europa verlegt wurde. 40 Tage später gab es in Europa 20 Millionen Infizierte und 20'000 Tote. Die 1918 Pandemie hat mehr Tote verursacht, als der 1. Weltkrieg.
Die Klagen des Westens über die «Behandlung» von Li Wenliang sind berechtigt, aber triefen von Doppelmoral, weiss man doch, welches Schicksal Whistleblower im Westen mit seinen tollen Werten widerfahren. Auch die US-Regierung versuchte, medizinische Informationen zu filtern, indem die führenden Virologen Amerikas von Trump angewiesen worden waren, jede öffentliche Aussage zuvor mit Mike Pence, dem Vize-Präsidenten, zu besprechen, was im kürzlich erschienen «Science» unter dem Titel «Do us a favor» als «unacceptable» bezeichnet und mit China verglichen worden ist.
Politik ist das eine, die wissenschaftlichen Arbeiten sind das andere. Bis Ende Februar 2020 sind derart viele, exzellente wissenschaftliche Arbeiten mit Chinesischen und gemischt Amerikanisch-Chinesischen Autoren erschienen, dass man hätte wissen können, um was es bei dieser Pandemie geht und was man vorkehren sollte.
Warum hat man alles verpasst?
Weil weder Politiker, noch Medien und die Mehrzahl der Bürger nicht fähig sind, in einer solchen Situation Ideologie, Politik und Medizin zu trennen. Eine virale Pneumonie ist ein medizinisches und kein politisches Problem. Dank des politisch-ideologisch begründeten Ignorierens medizinischer Fakten hat sich Europa in kürzester Zeit selber zum weltweiten Pandemie-Zentrum gemacht – mitten drin die Schweiz mit der zweithöchsten pro Kopf Infektionsrate.
Politik und Medien spielen hier eine besonders unrühmliche Rolle. Statt sich auf das eigene Versagen zu konzentrieren, wird die Bevölkerung durch ein fortgesetztes, dümmliches China-Bashing abgelenkt. Dazu kommen, wie immer, Russland-Bashing und Trump-Bashing. Man muss Trump keinesfalls mögen – aber bis die USA bezüglich der COVID-19-Todesfälle pro Kopf gleichauf mit der Schweiz liegt, müssen sie 30'000 Tote haben.
Wie kann man konstant andere Länder kritisieren, wenn man mit dem zweitteuersten Gesundheitswesen der Welt pro Kopf am zweitmeisten Infizierte hat und weder genügend Masken, noch genügend Desinfektionsmittel, noch genügend medizinisches Material vorweisen kann? Die Schweiz wurde von dieser Pandemie nicht überrascht – nach dem 31. Dezember 2019 hat man mindestens 2 Monate Zeit gehabt, die dringendst notwendigen Vorkehrungen zu treffen. Und zu diesem Verhalten haben die Medien beileibe genug dazu beigetragen. Die mediale Berichterstattung erschöpft sich im Schönreden, was Bundesrat und BAG veranlassen sowie im Kritisieren anderer Länder.
Beispiele von dümmlichem China-Bashing gibt es genug: «die Chinesen sind schuld»! Wer so etwas behauptet, versteht nichts von Biologie und Leben überhaupt. «Alle Pandemien kommen aus China»: die Spanische Grippe war in Tat und Wahrheit eine Amerikanische Grippe, HIV kam aus Afrika, Ebola kam aus Afrika, die Schweinegrippe aus Mexico, die Cholera-Epidemie der 60er-Jahre mit Millionen von Toten aus Indonesien und MERS aus dem Nahen Osten mit Zentrum Saudi-Arabien.
Ja, SARS kam aus China. Aber die Chinesen haben im Gegensatz zu uns gelernt, wie «Foreign Affairs» am 27. März 2020 schreibt: «Past Pandemics Exposed China’s Weakness. The Current One Highlights Its Strengths”.
Wenn konstant behauptet wird, die Zahlen, welche China zur COVID-19-Pandemie veröffentlicht, seien sowieso alle beschönigt, was heisst dann das? Heisst das, dass wir deshalb nichts unternehmen müssen? Oder heisst es nicht viel mehr, dass es sich – sind dies Zahlen wirklich beschönigt – um eine noch viel gefährlichere Pandemie handelt, für die wir in Europa Vorkehrungen treffen sollten? So viel zur Logik von sinnlosem, politischem Nach-Geplapper.
Mit konstanten Aussagen wie «die Chinesen lügen sowieso nur» «Taiwan kann man nichts glauben»; «Singapur, eine Familien-Diktatur, lügt sowieso» kommt man dieser Pandemie nicht bei. Auch hier agiert die US-Zeitschrift «Foreign Affairs» - bestimmt nicht per se China-freundlich – intelligenter, wie man am 24. März 2020 lesen kann: «The U.S. and China Could Cooperate to Defeat the Pandemic. Instead, Their Antagonism Makes Matters Worse”. Und am 21. März: “It Takes a World to End a Pandemic. Scientific Cooperation Knows No Boundaries – Fortunately”.
Ich kann die Kritik von Lukas Bärfuss nur begrüssen. Insbesondere seine Aussage:
«Warum die entsprechenden Fabriken nicht mehr in Biberist stehen. Sondern in Wuhan. Und ob dieses Allokationsproblem vielleicht nicht nur Zellulose betrifft, sondern auch Information, Bildung, Nahrung und Medikamente».
Diese Aussage trifft ins Schwarze und demaskiert unsere Arroganz und Ignoranz.
Reicht es nicht, dass der Westen zu Beginn dieser Pandemie hochnäsig und mit einer gewissen Schadenfreude nach China geschaut hat? Muss jetzt die Unterstützung der westlichen Staaten durch China auch noch bösartig diffamiert werden? China hat bis heute 3.86 Milliarden Masken, 38 Millionen Schutzanzüge, 2.4 Millionen Infrarot-Temperatur-Messgeräte und 16'000 Beatmungsgeräte geliefert. Nicht Chinas angeblicher Weltmachtsanspruch, sondern das Versagen der westlichen Länder hat dazu geführt, dass der Westen buchstäblich am medizinischen Tropf Chinas hängt.
6. Woher stammt dieses Virus?
Auf unserem Globus gibt es ungefähr 6400 Säugetier-Arten. Fledermäuse (bats) und Flughunde machen 20% der Säugetier-Population aus. Es gibt 1000 verschiedene Arten von Fledermäusen und Flughunden. Es sind die einzigen Säugetiere, die fliegen können, was ihren grossen Bewegungsradius erklärt.
Fledermäuse und Flughunde beherbergen eine Unzahl von Viren. Wahrscheinlich sind Fledermäuse und Flughunde in der Entwicklungsgeschichte die Eintrittspforte von Viren in den Stammbaum der Säugetiere gewesen.
Es gibt zahlreiche gefährliche Viren, welche von den «Bats» auf den Menschen übergesprungen sind und für viele Krankheiten verantwortlich sind: Masern, Mumps, Tollwut, Marburg-Fieber, Ebola und andere, seltenere, nicht weniger gefährliche Krankheiten. Auch bei anderen Säugetieren haben von «Bats»-stammende Viren immer wieder zu Massensterben in der Schweine-, Hühner- oder Vogelzucht geführt.
Dies sind entwicklungs-geschichtlich Jahr-Millionen alte biologische Vorgänge. Auch in der DNA gesunder Menschen finden sich Reste von viraler Gensequenzen, die über die Jahrtausende «eingebaut» worden sind.
SARS und MERS haben die Forschung an Corona-Viren intensiviert, gerade weil man mit einer baldigen, neuen Corona-Viren-Epidemie, respektive Pandemie gerechnet hat. 22 der 38 bekannten und noch lange nicht definitiv klassifizierten Corona-Viren wurden von chinesischen Forschern in extenso studiert, siehe u.a. Peng Zhou’s Publikation zur Epidemiologie der «bat coronaviruses in China» sowie die anderen, oben erwähnten Publikationen Amerikanischer Autoren. Peng Zhou hat im März 2019 eine baldige, neue Corona-Epidemie vorausgesagt und zwar aus folgenden Gründen:
hohe Biodiversität in China;
hohe Anzahl an «Bats» in China;
hohe Bevölkerungsdichte in China = nahes Zusammenleben zwischen Tier und Mensch;
hohe genetische Variabilität der «Bats», d.h. eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass sich das Genom einzelner Coronavirus-Typen spontan im Rahmen zufälliger Mutationen verändern kann;
hohe aktive genetische Rekombination von Corona-Viren, heisst: Corona-Viren verschiedener Typen tauschen untereinander Genom-Sequenzen aus, die sie dann für den Menschen aggressiver machen können;
Die Tatsache, dass viele dieser Viren – Corona-Viren, aber auch Ebola- oder Marburg-Viren – zusammen in diesen «Bats» hausen und zufällig genetisches Material austauschen können
Obwohl nicht bewiesen, hat Peng Zhou auch die Essgewohnheiten der Chinesen angesprochen, welche die Wahrscheinlichkeit einer Transmission dieser Viren von Tieren auf den Mensch erhöhen. Peng Zhou hat in seinem Artikel vom März 2019 vor einer Corona-Pandemie gewarnt. Und er schrieb, dass er nicht sagen könne, wann genau und wo diese Pandemie ausbrechen würde, aber dass China mit grosser Wahrscheinlichkeit ein «hot-spot» sein werde. So viel zur wissenschaftlichen Freiheit notabene. Peng Zhou und seine Gruppe aus Wuhan haben weitergeforscht und sie waren es, die bereits am 7. Januar das Genom von COVID-19 identifiziert und der ganzen Welt mitgeteilt hatten.
Es gibt 4 Theorien, wie dieses Virus auf den Menschen übergesprungen ist:
Das COVID-19-Virus ist von einer Fledermaus direkt auf den Menschen übertragen worden. Dasjenige Virus, welches in Frage kommt und genetisch zu 96% mit dem aktuellen «COVID-19» Virus übereinstimmt, kann jedoch von seiner Struktur her nicht an das «Angiotensin-Converting-Enzyme» (ACE) Typ 2 in der Lunge andocken. Das Virus benötigt aber dieses Enzym, um in die Lungenzellen (und in die Zellen des Herzens, der Niere und des Darmes) eindringen und diese zerstören zu können.
Ein COVID-19-Virus sprang vom Pangolin, einem Malaysischen Säugetier mit Schuppen, welches illegal in China eingeführt worden sei, auf den Menschen und war zunächst nicht Krankheits-erregend. Im Rahmen konsekutiver Mensch-zu-Mensch-Transmissionen hat sich dieses Virus an die beim Menschen vorliegenden Rahmenbedingungen dank Mutation oder Adaptation angepasst und konnte schliesslich an den ACE2-Rezeptor andocken und in die Zellen eindringen, womit die Pandemie «startete».
Es gibt einen Elternstamm dieser beiden COVID-19-Viren, der bis anhin leider unentdeckt blieb.
Es handelt sich um ein synthetisches Labor-Virus, denn genau daran wurde geforscht und der biologische Mechanismus der Krankheits-Erregung ist ja im Detail schon 2016 beschrieben worden. Die angefragten Virologen verneinen natürlich diese Möglichkeit, können sie aber auch nicht ausschliessen, nachzulesen im eben publizierten «Nature Medicine»: «The proximal origin of SARS-CoV-2» von Kristian Andersen.
Das Besondere an diesen Tatsachen ist, dass Corona-Viren zusammen mit dem Ebola-Virus auf ein und demselben «Bat» leben können, ohne dass die Fledermaus erkrankt. Einerseits ist dies wissenschaftlich interessant, weil vielleicht Immunmechanismen gefunden werden können, die erklären, wieso diese Fledermäuse nicht erkranken. Diese Immunmechanismen gegenüber Corona-Viren und dem Ebola-Virus könnten Erkenntnisse liefern, die für den Homo sapiens von Bedeutung ist. Anderseits sind diese Tatsachen beunruhigend, weil man sich vorstellen kann, dass sich aufgrund der hohen, aktiven, genetischen Rekombination ein Supervirus bilden kann, welches eine längere Inkubationsdauer als das aktuelle COVID-19-Virus, aber die Letalität des Ebola-Virus aufweist.
SARS wies eine 10%ige Mortalität auf, die Mortalität von MERS betrug 36%. Es war nicht das Verdienst des Homo sapiens, dass SARS und MERS sich nicht so schnell ausgebreitet haben, wie jetzt COVID-19. Das war einfach nur Glück. Die Behauptung, dass ein Virus, welches eine hohe Mortalität habe, sich nicht ausbreiten könne, weil es ja viel zu schnell seinen Wirt umbringe, war zu den Zeiten richtig, als eine "infizierte" Kamelkarawane von X'ian Richtung Seidenstrasse losgezogen ist und wegen der hohen Mortalität in der nächsten Karawanserei gar nicht mehr ankam. Heute geht das Ruckzuck. Heute sind alle massivst vernetzt. Ein Virus, das in 3 Tagen tötet, geht trotzdem um die Welt. Alle kennen Peking und Shanghai. Ich kenne Wuhan seit 20 Jahren. Keiner meiner Kollegen und Bekannten hat je etwas von Wuhan gehört. Aber hat man gesehen, wie viele Ausländer es in Wuhan - in einer Stadt, die "niemand" kennt - gab und wie sie blitzschnell in alle Weltregionen verteilt wurden? Das ist die heutige Situation.
7. Was wissen wir? Was wissen wir nicht?
Wir wissen,
dass es sich um ein aggressives Virus handelt;
dass die mittlere Inkubationszeit 5 Tage dauert; die maximale Inkubationszeit ist noch nicht klar;
dass asymptomatische COVID-19 Träger andere Personen anstecken können und dass dieses Virus „extrem ansteckend“ und „extrem resistent“ (A. Lanzavecchia) ist;
wir kennen die Risiko-Populationen;
dass es in den letzten 17 Jahren nicht gelungen ist, weder eine Impfung, noch einen monoklonalen Antikörper gegen Corona-Viren zu entwickeln;
dass es überhaupt noch nie gelungen ist, eine Impfung gegen welches Corona-Virus auch immer zu entwickeln;
dass auch die so genannte „Grippe-Impfung“ entgegen der gängigen Werbung nur einen minimalen Effekt ausweist.
Was wir nicht wissen:
ob nach durchgemachter Infektion eine Immunität vorliegt, oder nicht. Gewisse Daten weisen darauf hin, dass der Mensch ab dem 15. Tag Immunglobuline der G-Klasse entwickeln kann, welche eine erneute Infektion mit demselben Virus verhindern sollten. Aber es ist noch nicht definitiv bewiesen;
wie lange eine allfällige Immunität schützen könnte;
ob dieses COVID-19-Virus stabil bleibt, oder ob sich im Herbst analog der üblichen Grippe-Welle erneut ein leicht verändertes COVID-19 über ganze Welt verbreitet, gegen welches keinerlei Immunität vorliegt;
ob uns die höheren Temperaturen des Sommers helfen, weil die Hülle des COVID-19 bei höheren Temperaturen instabil ist. Hier muss erwähnt werden, dass das MERS-Virus sich im Nahen Osten in den Monaten Mai bis Juli verbreitet hatte, als die Temperaturen höher waren, als sie bei uns je sind;
wie lange es dauert, bis eine Population so durchseucht ist, dass der R-Wert <1 ist: Wenn man zu einem bestimmten Zeitpunkt 1 Million Zürcher testet, sollen aktuell angeblich 12% bis 18% COVID-19 positiv sein. Um der Pandemie ihren Pandemie-Charakter zu nehmen, müsse der R-Wert <1 sein, d.h. circa 66% der Bevölkerung müssen mit dem Virus Kontakt gehabt und Immunität entwickelt haben. Niemand weiss, wie lange, wie viele Monate es dauern wird, bis die Durchseuchung, die aktuell 12% bis 18% betragen soll, 66% erreicht hat! Aber man kann davon ausgehen, dass die Weiterverbreitung des Virus von 12% bis 18% auf 66% der Bevölkerung weiterhin schwerkranke Patienten generieren wird.
wir wissen also nicht, wie lange wir mit diesem Virus zu tun haben werden. Zwei Berichte, welche der Öffentlichkeit nicht zugänglich sein sollten (U.S.- Government COVID Response Plan sowie ein Bericht des Imperial College London) kommen unabhängig voneinander auf eine „Lock-down“-Phase von bis zu 18 Monaten;
und wir wissen nicht, ob uns dieses Virus epidemisch/pandemisch oder vielleicht sogar endemisch beschäftigen wird;
wir haben nach wie vor keine anerkannte und breit anwendbare, definierte Therapie; eine solche haben wir auch bei der Influenza nie präsentieren können. Vielleicht sollten Behörden und Medien einmal die Fakten auf den Tisch legen, statt alle zwei Tage Meldungen von einer scheinbar erfolgreichen Impfung, die nicht mehr weit weg ist, zu präsentieren.
8. Was können wir aktuell tun?
Die Frage nach den besten Lösungsansätzen kann ich auch nicht beantworten. Ob die Schweiz die Pandemie überhaupt noch eindämmen kann, oder ob die Durchseuchung der Bevölkerung unbeeinflusst weiterläuft, weil man initial alle Massnahmen verschlafen hat, ist möglich.
Wenn dem so ist, kann man nur hoffen, dass wir diese „Politik“ nicht mir zu vielen Toten und Schwerkranken bezahlen. Und dass nicht zu viele Patienten an den Langzeitfolgen einer COVID-19-Infektion leiden, wie z.B. einer „dank“ COVID-19 neu erworbenen Lungenfibrose, einem gestörten Glucose-Metabolismus sowie neu auftretenden kardiovaskulären Erkrankungen. Die langfristigen Konsequenzen einer durchgemachten SARS-Infektion sind bis 12 Jahre nach angeblicher Heilung dokumentiert. Hoffen wir, dass sich COVID-19 anders verhalten wird.
Die Aufhebung des „Lock-down“, respektive die Rückkehr zur dem, was wir als normal empfinden, ist sicherlich der Wunsch eines jeden. Welche Schritte bei der Rückkehr zur Normalisierung mit nachteiligen Folgen verbunden sein werden – d.h. mit einem Wieder-Aufflammen der Infektionsrate – kann niemand voraussagen. Jeder Schritt Richtung Lockerung ist im Grunde genommen ein Schritt ins Unbekannte.
Wir können nur sagen, was nicht machbar ist: eine aktive Durchseuchung der nicht-Risiko-Gruppen mit dem COVID-19-Virus ist mit Sicherheit ein absolutes Hirngespinst. Es kann nur Leuten in den Sinn kommen, die keine Ahnung von Biologie, Medizin und Ethik haben:
kommt es mit Sicherheit nicht in Frage, Millionen von Gesunden Mitbürgern absichtlich mit einem aggressiven Virus zu infizieren, von welchem wir eigentlich überhaupt nichts wissen, weder das Ausmass der akuten Schädigung, noch die Langzeitfolgen;
je grösser die Anzahl Viren pro Population, desto grösser die Wahrscheinlichkeit einer zufälligen Mutation, welche das Virus noch aggressiver machen könnte. Also sollten wir sicher nicht aktiv mithelfen, die Anzahl Viren pro Population zu erhöhen.
Je mehr Leute mit COVID-19 infiziert sind, desto wahrscheinlicher wird es, dass sich dieses Virus noch „besser“ an den Menschen adaptiert und noch desaströser wird. Es wird ja angenommen, dass das bereits einmal passiert ist.
bei staatlichen Reserven von angeblich 750 Milliarden, ist es ethisch und moralisch verwerflich, aus blossen wirtschaftlichen Überlegungen Millionen von gesunden Personen zu infizieren.
Die gewollte Infizierung gesunder Leute mit diesem aggressiven Virus würde eines der fundamentalen Prinzipien der gesamten Medizingeschichte aus reinen, kurzfristigen ökonomischen „Bedenken“ akut aushebeln: das Prinzip des „primum nil nocere“. Ich würde mich als Mediziner weigern, an einer derartigen Impfaktion überhaupt teilzunehmen.
Die Bestimmung der COVID-19 IgM- und IgG-Antikörper-Konzentration im Blut geht scheinbar mir der Neutralisierung des COVID-19-Virus einher. Die quantitative und qualitative Diagnostik dieser Antikörper wurde bis jetzt nur in einer kleinen klinischen Studie mit 23 Patienten untersucht. Ob die Massenbestimmung der Antikörper im Blut einen kontrollierten «Lock-down» sicherer machen, indem sich vorerst nur nicht mehr ansteckende und nicht mehr ansteckbare Personen frei bewegen können, kann derzeit nicht beantwortet werden. Ebenso unklar ist, wann diese Methode klinische valide und breit anwendbar sein wird.
9. Zukunft
Diese Pandemie wirft viele politische Fragen auf. „Foreign Affairs“ mit Donald Trump und Anthony Fauci auf dem Cover schreibt am 28. März 2020 dazu: „Plagues Tell Us Who We Are. The Real Lessons of the Pandemic will be Political“.
Diese politischen Fragen werden nationaler und internationaler Art sein.
Die ersten Fragen werden ganz bestimmt unser Gesundheitswesen betreffen. Mit einem 85-Milliarden-Budget hat es die Schweiz - was die Anzahl Corona-Patienten pro 1 Million Einwohner betrifft – weltweit auf Rang 2 geschafft. Gratuliere! Was für eine Schande! Grundlegendes und billiges Material fehlt in der Schweiz nach 14 Tagen. Das kommt davon, wenn selbsternannte «Gesundheitspolitiker», «Gesundheits-Ökonomen» und IT-Experten Milliarden in Projekte wie e-Health, elektronische Gesundheitskarte, überteuerte Klinik-Informationssysteme (man frage einmal das Kantonsspital Luzern!), tonnenweise Computer und «Big Data» investieren und so vollkommen zweckentfremdet Milliarden aus dem Gesundheitswesen abziehen. Und Ärzteschaft und FMH sind buchstäblich zu blöd, endlich einmal dagegen aufzustehen. Sie lassen sich lieber jede Woche als Abzocker und Kriminelle titulieren. Die Schweiz muss endlich untersuchen, wie viel von 1 Million Kassengelder noch für medizinische Leistungen aufgewendet werden, welche direkt dem Patienten zugutekommen und wie viel Geld zweckentfremdet in Branchen-fremde Lobby-Vereinigungen fliesst, die sich schamlos am 85-Milliarden-Kuchen bereichern, ohne je einen Patienten gesehen zu haben. Und natürlich braucht es endlich eine adäquate Qualitätskontrolle medizinischer Leistungen. Auf die weiteren Massnahmen im Rahmen der Reorganisation des Schweizerischen Gesundheitswesens möchte ich hier nicht eingehen.
Die internationalen Fragen betreffen vor allem unser Verhältnis zu China und den Asiatischen Ländern überhaupt. Kritische Stellungnahmen: ja. Aber konstantes, dümmliches „Bashing“ anderer Nationen kann kein Rezept dafür sein, globale Probleme gemeinsam anzugehen – von „Lösen“ möchte ich gar nicht sprechen. Anstatt sinnlose Propaganda nachzuplappern, sollte man sich vielleicht einmal mit Autoren auseinandersetzen, die tatsächlich ausgewogen auf hohem Niveau etwas zu sagen haben, so z.B.:
Pankaj Mishra: „Aus den Ruinen des Empires“
Kishore Mahbubani: „The Asean Miracle. A Catalyst for Peace“
„Has the West lost it?“
„Can Asians think?“
Lee Kuan Yew: „One man’s view of the world“
David Engels: „Auf dem Weg ins Imperium“
Noam Chomsky: „Wer beherrscht die Welt“
Bruno Macàes: „The Dawn of Eurasia“
Joseph Stiglitz: „Reich und Arm“
Stephan Lessenich: „Neben uns die Sintflut“
Parag Khanna: „Unsere asiatische Zukunft“
Lesen heißt noch lange nicht, allen diesen Autoren in allem Recht zu geben. Aber es wäre für den Westen – inklusive die Schweiz – von grossem Wert, Besserwisserei, Ignoranz und Arroganz hier und dort durch Fakten, Verständnis und Kooperation zu ersetzen. Die Alternative besteht ja nur darin, zu versuchen, unsere vermeintlichen Konkurrenten früher oder später in einem Krieg zu eliminieren. Was man von dieser „Lösung“ halten soll, kann jeder selber entscheiden.
In diesem Sinne kann man nur darauf hoffen, dass sich die Menschheit eines Besseren besinnt. Träumen ist immer erlaubt.
Die Herausforderungen sind global. Und die nächste Pandemie steht vor der Tür. Und diese wird vielleicht durch ein Super-Virus verursacht werden und ein Ausmass annehmen, das wir uns lieber nicht vorstellen möchten.
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09.04.2020: Der Gastkommentar und die Veröffentlichung des Manuskriptes "COVID-19 - eine Zwischenbilanz oder eine Analyse der Moral, der medizinischen Fakten, sowie der aktuellen und zukünftigen politischen Entscheidungen" von Prof. Dr. med. Dr. h.c. Paul Robert Vogt vom 7.4.2020 in unserer Zeitung findet international riesige Beachtung und Zustimmung.
In den ersten beiden Tagen wurde der Artikel bereits über 350'000 mal gelesen und tausendfach geteilt. Wir haben deshalb bei Prof. Dr. med. Dr. h.c. Paul Robert Vogt nachgefragt und 10 Fragen gestellt, die aktuell im Raum stehen.
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Original (07.04.2020) - COVID-19 - eine Zwischenbilanz oder eine Analyse der Moral, der medizinischen Fakten, sowie der aktuellen und zukünftigen politischen Entscheidungen
Interview in german (09.04.2020)
English (18.04.2020) - COVID-19 – an interim review or an analysis on the ethics, the medical facts as well as the current and future political decisions
Espanol (18.04.2020) - OVID-19 - una revisión a medio plazo o análisis de la moral, los hechos médicos y las decisiones políticas actuales y futuras
OVID-19 – Update von Prof. Paul R. Vogt (20.04.2020)
IV.2 Corona: Niemand kann sich abschotten meint Ingrid Ruff. Statt zum Europaseminar in Polen ab 15. März 2020 - gestrandet in Görlitz. Lockdown mit reichlich Zeit zum Lesen, Nachdenken und Schreiben. Zum Beispiel zu:
Ein Gespräch über die Corona-Krise, die Wirtschaft und die Menschenrechte (ZEIT Nr. 17, S. 43f)
Auf die Eingangsfrage, ob Epochenwende, Geschichtszeichen oder "nur" eine normale Pandemie
fallen viele Schlagworte, vom Kantschen Imperativ, über die Katastrophe, die Einsichtsfähigkeit, gemeinsame Betroffenheit von Problemen, die es kooperativ zu lösen gelte. Die "Vernetzung von Waren, Informationen und Personen" wird als Träger des Problems gesehen, usw:"Weltfrieden, Klimakrise, das absolute Unrecht unseres Wohlstands, der sich dem Übelstand des globalen Südens verdankt (bescheidene Zwischenfrage: Wer ist der globale Süden?) globale ökonomische Krisen und Pandemien, vor allem auch solche, die durch die Medizin und die Profitinteressen der Pharmaindustrie verursacht werden."
"Frieden, Klima, Wohlstand und Gesundheit... globale allgemeine Güter, die nur durch internationales Recht, internationale Organisation und internationale Menschenrechte gehütet werden können". Die Meinungen von Virologen, Ökonomen und Verfassungsrechtlern seien gefragt (nur diese?) usw.
Zum Schluss die Vermutung, selbst die regelmäßige Wiederkehr von Pandemien werde zu keinem grundlegenden Wandel führen: das Eingeständnis weltweiten Unvermögens. Angesichts der beschworenen hohen Werte wie Frieden, internationale Menschenrechte u.a. ist das für mich bloßes Wortgeklingel, basierend auf unscharfen, oft tautologisch verwendeten Begriffen, inhaltsleeren Schlagworten ideologischer Sprache. Nicht überzeugend.
Diskussionen wie diese führen mich zur Überzeugung: Wir sind eine Gesellschaft von Sehgestörten, die über der Aufzählung des Wünschenswerten die Grundlagen des Lebens aus den Augen verlieren.
Wer - frage ich - sind die Schwächsten, für die unser Einsatz lohnen soll? Die an Corona Erkrankten oder die zur Quarantäne Verurteilten? Die in Flüchtlingslagern zusammen Gepferchten, die Slumbewohner und ihre Kinder oder jene Wanderarbeiter, denen sogar das Wellblechdach über dem Kopf fehlt? Sie alle mehr oder weniger hilfsbedürftig, aber doch Menschen, denen wir dank ihrer menschlichen Intelligenz Erkenntnis ihrer Situation, sowie den Wunsch und die Kraft, sie zu ändern, zutrauen.
Die Botschaft des Slumdog-Millionärs lautet: Jedem Menschen seine Chance und sei sie noch so gering.
Doch was ist mit dem aus einem Ei der Legebatterie geschlüpften Küken? Was mit der Rauchschwalbe, die aufgrund gesetzlicher Bestimmungen nicht mehr im Kuhstall brüten darf und aufgrund der Ackerchemie keine Insekten zum Überleben findet? Wo ist die Chance für ein Kalb, das für die Produktion von hellfleischigen Schnitzeln von der Mutter getrennt und zum Vegetieren auf engstem Raum verurteilt wird? Wo ist die Chance für den an einem Bein aufgehängten Jungbullen? Seine verzweifelten Schreie gellen mir jetzt noch in den Ohren. Oder die für weitere Mutterschaften untaugliche Kuh? Ohne Raum, sich auszustrecken, ohne Nahrung und Wasser, wie es jedem fühlenden Wesen zusteht, werden sie über Ländergrenzen und Meere ihrem Schicksal zugeführt, ein Schicksal, wie Sadisten es sich schlimmer nicht vorstellen können - und wir brauchen die Vorstellung nicht einmal, da wir es wissen.
Wohin führen "Abstriche bei Klima und Artenschutz", wie ich es heute in den Nachrichten höre?
Dahin führen sie.
Exkurs: Vor fast 50 Jahren, beim Campingurlaub in Ungarn unterhielten mein Mann und ich uns mit einem Ehepaar aus Passau. Irgendwann landeten wir im 2. Weltkrieg, dann an der Ostfront, und entweder war eine gewisse Vertrauensbasis da oder das Bedürfnis zu sprechen zu groß. Der Ehemann erzählte, dass ihm zusammen mit Kameraden aufgetragen wurde, wehrlose Gefangene zu erschießen und dass er geschossen hatte aus Angst, den Befehl zu verweigern. "Hatte ich denn eine Wahl?" seine Frage. Nach 40 Jahren beschwerte die Frage immer noch sein Gewissen, seines und vielleicht das von einigen seiner Kameraden. Wohl der Grund, warum die Naziführung sich um die seelische Gesundheit der Einsatzkräfte sorgte, eine im Zivilleben unerwünschte Verrohung befürchtete. Das Töten im Rahmen der Endlösung eine zwar unangenehme, aber notwendige Pflicht, laut Himmler ein nie da gewesenes Ruhmesblatt der deutschen Geschichte....
Den Schritt von der Sorge um die eigenen Schergen zur Empathie für die Opfer schaffte die NS Führung leider nicht. Im Gegenteil: Mitleid mit dem Feind wurde unbarmherzig bestraft.
Wie steht es heute um unser Mitgefühl, wo es ums Töten geht? Wo bleibt unser Mitgefühl für die unschuldigen Schlachtopfer, aber auch unsere Sorge um die im Akkord Tötenden, weil sie anders ihren Lebensunterhalt nicht sichern können? Die Einen von der Schöpfungsordnung oder den Naturgesetzen in unsere Hand gegeben, die Anderen in einem Beruf wie jeder andere?
Ach, denken wir nicht darüber nach, so wie die Herren Professoren der ZEIT-Gespräche nicht darüber nach gedacht haben, so wie die meisten Entscheidungsträger der Politik nicht nachdenken über unsere Verantwortung gegenüber der Natur und ihren schwächsten Kindern.
Fazit: das Los der Tiere zu unerheblich, um erwähnt zu werden.
Pfui
Dagegen:
Wer die Verhältnisse bessern will, muss die Ursachen nennen.
Der Spiegel Nr. 17. vom 18.04. nennt sie beim Namen: die zahlreichen Anzeichen der globalen Krise, unsere teils leichtfertigen teils verbrecherischen Eingriffe in die Natur, spart die "industrielle Tierquälerei" nicht aus. ENDLICH.
Im Gegensatz zu vielen Befragten, die regelmäßig wiederkehrende Pandemien erwarten und resignieren, bzw. in ein weiter so nach bekanntem Muster flüchten, beschreibt Ullrich Fichtner eine bessere Welt, die sich aus der Krise entwickeln kann. Genial das Titelbild mit der Vision einer neuen Schöpfung .
Hoffen wir, dass "Nachhaltigkeit" Programm wird in einem "Europa, das schützt" und wieder ein Europa der offenen Grenzen sein wird. Mit den Worten Ullrich Fichtners: "Die Korrektur kann nun beginnen."
IV.3 Zwischen Daseinsfreude und Todesgewissheit
1.Wer Sophie Scholl die letzten Tage gesehen hat, erinnert sich vielleicht an eine Schlüsselszene.
Die Mitglieder der Weißen Rose waren in der Gerichtsverhandlung unter Vorsitz des geifernden Freisler zum Tode verurteilt worden (Nb. Hitler hatte kurz nach der Machtergreifung 20 Guillotinen bestellt...) und die junge Sophie Scholl (gerade 21 Jahre) bewies bei der Urteilsverkündung Haltung,
Zurück in der Zelle erfährt sie, dass die Hinrichtung am gleichen Nachmittag stattfinden wird und nicht, wie sie glaubt, nach einer im Rechtsstaat üblichen Prozedur von Widerspruch, Ablehnung, Gnadengesuch und möglicher Wiederaufnahme des Verfahrens, Zeit zumindest, sich in das Unvermeidliche zu fügen (in den USA warten einige Todeskandidaten seit 30 Jahren auf ihre Hinrichtung). Da bricht sie zusammen. Der Tod ist kein theoretisches Schicksal mehr, das an irgendeinem Punkt auf der Zeitgeraden auf sie wartet, sondern ihr hic und nunc. Die Nachmittagssonne scheint ihr zum letzten Mal, und da ist kein Entkommen. Ob ihr Zusammenbruch geschichtlich belegt ist, weiß ich nicht; filmisch hat er mich erschüttert, mich und einen großen Teil des Publikums, wie den unterdrückten Schluchzern zu entnehmen war.
Der Tod gilt ja als der große Entwerter von allem, was uns und unser Leben ausmacht. Auf dem Totenschein des Stammbuchs fehlt zum Beispiel der Doktortitel, den zu erarbeiten Jahre des Studierens kostete. Für mich ein Schock, als ich den Totenschein meines Mannes erhielt: vorher Dr. phil. Friedrich Ruff jetzt nur Ernst Johann Friedrich Ruff, immerhin mit der gesammelten Liste der Vornamen. Auch von der vergänglichen Schönheit des Körpers bleibt zum Schluss tatsächlich nur Staub und irgendwann das Vergessen. Aber Sophie Scholl glaubte, dass ihr Tod einen Sinn hatte, auch wenn ihr Widerstand das Schicksal ihres Landes nicht änderte. Dass ihre Büste einmal die Walhalla bei Kehlheim zieren würde, vereint mit anderen Großen der deutschen Geistesgeschichte, vielleicht hätte es sie gefreut. Zeitzeugen berichten, dass Sophie Scholl mit großer Würde ihrer Hinrichtung entgegen ging. Es war kein Tiefpunkt, nicht das Ende, sondern die Erfüllung ihrer Existenz.
Nachtrag: Sophie Scholl - die letzten Tage erhielt im Gegensatz zu Das Leben der anderen nicht den Oscar als bester ausländischer Film. Zwei politische Entscheidungen.
Unser Selbstwertgefühl zwischen Daseinsfreude, Alter und Tod.
Auch wenn der Tod in Zeiten von Corona und erzwungener Quarantäne näher zu rücken scheint. Er
bleibt eigentümlich blass: eine statistische Größe, die nur die Bewohner von Altenheimen betreffen kann. Bis er uns trifft.
Aber bevor er uns trifft wird er - ganz Gentleman der alten Schule - dem Alter den Vortritt lassen, während die Krankheit ohne seine Erlaubnis an seiner Seite noch warten muss. Danke.
Mein Alter habe ich bis vor kurzem als eine Zahlenkombination ohne Realitätsbezug empfunden . Nicht mehr. Gefühlte Jugend, die mich zu Wanderreisen, einschließlich Trekkingurlaub in Nepal führte und die ich mir gern bestätigen ließ. Muster: Sie werden immer jünger. Nun ja, freundliche Schmeicheleien, gern gehört und halb geglaubt, vor allem seit mich Schmerzen in der linken Schulter quälen, die Beweglichkeit einschränken und nicht verschwinden wollen. Nicht dran denken, solang eine mich immer wieder überwältigende Daseinsfreude all die kleinen Schwächen aufwiegt, sei es auf Reisen, angesichts einer Gabe aus dem Füllhorn der Natur, vor einem Kunstwerk, den architektonischen Schönheiten meiner Stadt Görlitz oder allein in meiner kleinen Wohnung bei einem Glas Moselriesling: in Eins mit mir.
Dann freut mich sogar die goldfarbene Werbung mit dem Aufdruck: Ingrid das Glück ist mit dir, die ich deutlich sichtbar an die Wand geheftet habe.
Gewiss ein vergifteter Köder, der mich zur Teilnahme am umseitig beworbenen Glücksspiel verlocken will, und als schlauer Fisch (mein Sternbild) genieße ich den Köder, ohne den Haken zu schlucken: Keine Glücksspiele!
Haben wir solche Vergewisserungen unseres Selbst nötig? Ich schon, vor allem wenn von allen Seiten an meinem Selbstbewusstsein genagt wird: Zumutungen meines Bauprojekts mit damit verbundenen drei Prozessen- und immer wieder fühle ich, dass mir als Frau eine unverdient geringere Wertschätzung entgegen gebracht wird. Das kränkt, und Komplimente muss ich dann als vergiftete Köder betrachten, werde aggressiv, trumpfe auf und verheddere mich in den Widersprüchen meiner Persönlichkeit.
Eine Trotzreaktion.
Vielleicht auch eine leichte bipolare Störung mit Stimmungsschwankungen, die sich nur mit einem leichten Antidepressivum wie Mirtazapin glätten lassen. Ohne Mirtazapin kann das Gefühl der Zurücksetzung aufgrund von Geschlecht und Alter die Wucht einer Bombe entfalten, und das gefühlte Wissen, alt zu sein bricht mit einem Mal ungebremst über mich herein. So geschehn Ende letzten Jahres aufgrund dummer Zufälle. Wie soll ich es beschreiben? Die plötzlich über mich herein brechende Altersgewissheit des Vorbei war wie eine unmittelbar bevorstehende Hinrichtung gegen die ich mich mit Händen und Füßen zu wehren suchte. So ähnlich muss mein Mann sein Todesurteil "6 (!) Hirntumore mit Bronchialkarzinom" aufgenommen haben. Er bestellte prompt danach für 700 Euro besten Pfeifentabak, als wollte er dem Schicksal den Mittelfinger zeigen und rauchte weiter heftig, solange, bis er die Pfeife ohne Mundstück benutzen wollte, was keinem Pfeifenraucher mit Verstand passiert... Die tragische Fallhöhe des Intellektuellen und gleichzeitig der Augenblick, an dem Sisyphos mit bloßen Fäusten den Stein attackiert.
Ich habe es vorgezogen, mein beschädigtes Selbstwertgefühl an virtuellem Lob aus dem Internet aufzurichten, als da sind äußerst schmeichelhafte Anzeigen in "sich verlieben de."
z.B. Wow, Ingrid was für eine tolle Frau du bist! Weiß der Himmel woher diese jungen Männer um die 35 (!) meinen Namen mit e-mail Adresse haben... Jedenfalls werden die besten archiviert. Trost für trübe Stunden und ohne emotionale Verpflichtung. Zum Jahreswechsel ging es mir dank Mirtazapin wieder besser, in einer Gratulation zum 60. eines guten Bekannten konnte ich sogar über das Alter scherzen - und grobe Unhöflichkeiten verletzen mich nicht mehr.
IV.4 Ist unsere Welt noch zu retten?
Überlegungen während des Lockdowns März- April 2020 (gestrandet in Görlitz)
Irrwege.
Mein Eindruck: In unserer Gesellschaft läuft etwas grundsätzlich falsch, vergleichbar, einem Zug, der ungebremst an Geschwindigkeit zulegt und früher oder später zu entgleisen droht. Wann wurde der entscheidende Schalter umgelegt, so wie bei jener südkoreanischen Passagiermaschine, die einem falschen Funkfeuer folgte, eine anfangs kaum merkliche Kursabweichung, unbemerkt von den Piloten - zumal bei Nacht - aber ein Kurs, der über russisches Sperrgebiet führte, wo die Maschine schließlich abgeschossen wurde. Ein tödlicher Irrtum.
Amerikanische Aufklärer hatten die fatale Kursabweichung übrigens registriert und beobachteten das Geschehen, ohne die Piloten zu warnen.
An Warnern fehlte es leider auch angesichts unserer Eingriffe in die Natur: Pflanzen und Tiere wurden leichtfertig in fremde Lebensräume versetzt, wo sie mangels natürlicher Feinde sich zu einer Plage für einheimische Arten entwickeln. Und ausgerechnet deutsche Forscher haben beim Experimentieren mit Bienenvölkern die asiatische Varoamilbe zu den deutschen Bienen gebracht. Ohne regelmäßige Behandlung mit Ameisensäure (wobei die junge Brut jedesmal stirbt) würden unsere europäischen Bienen aussterben. Mit unabsehbaren Folgen...
Aber, aber, machen wir uns keine Sorge, für den Fall, dass dies geschieht. Nachdem in China zwar die Bienen ausgerottet wurden, können dank preiswerter chinesischer Bestäuberinnen die Obsternten dort weiter eingebracht werden, und ich bin sicher, China wird Europa nach dem Bienentod gern mit fleißigen Bestäuberinnen aushelfen, genauso wie es derzeit Atemmasken für die europäischen Coronaopfer liefert.
Also keine Panik
Wieweit muss ich zurück gehen, um zum Ursprung des Übels zu gelangen? Etwa bis zu jener tüchtigen amerikanischen Farmersfrau, die vom Industriellen Ford das Prinzip der Fließbandproduktion abschaute und es auf ihre Rinder übertrug. Oder vielleicht zum Meister selbst: Ford mit seiner Tin Lizzy, dem ersten Fließbandauto der Welt, das tüchtige Unternehmer weltweit zur Nachahmung anregte. Seitdem geben unzählige Fließbänder den Arbeitstakt vor: im Akkord wird produziert, die Bandgeschwindigkeit weniger dem menschlichen Bedürfnis angepasst als den Erfordernissen des Produkts und natürlich des Marktes.
Warum die Produktion von Hühnern, Eiern und Rindern nicht ebenso organisieren wie die Produktion von Autos? Beide gedacht für die Verwertung am Markt, der Verkauf geregelt durch Angebot und Nachfrage. Überproduktion und Ausschuss werden entsorgt.
Als Wegbereiter für das Endziel der Massentierhaltung und als letzte Station vor dem Markt gilt der Chicagoer Schlachthof: vom mehr oder weniger panisch drängenden Leben auf der einen Seite, über die Stufen der Verarbeitung bis zum appetitlich verpackten Steak auf der anderen. Industriell perfekt organisiert. Genussfertig. Sauber. Und keine oder kaum eine Erinnerung daran, dass das mal lebte.
Das alles begann vor rund hundert Jahren und geschieht weiter, wenn wir ohne ethische Bremse die Dinge zu Ende denken. Vom Gedanken zur Idee, von der Idee zur Aktion - und schon ist sie da: die Singularität des neuen Universums. Wächst, dehnt sich aus, immer weiter und schneller, sein Tempo getrieben von den Gesetzen des Kapitalismus, der Gewinnmaximierung, des Profits; Rendite, Aktien, Hedgefonds, steigende Kurse an den Börsen - und produziert, gemästet und verarbeitet wird das unterworfene Leben. Die Natur selbst auf dem Streckbett des Fortschritts.
Auf der Suche nach geschichtlichen Vergleichen finde ich einen Begriff : Holocaust;
dieser gekennzeichnet durch:
Missachtung des individuellen leidensfähigen Lebens, lebenslange Abwertung, Misshandlung und Beraubung der natürlichen Rechte; schließlich Transport, Selektion, Vivisektion, Tötung und restlose Verwertung nach industriellen Grundsätzen. Wirtschaftlichkeit und Gewinnmaximierung des Verfahrens garantiert.
Das Imperium schlägt zurück
Anlass: einige Artikel aus ZEIT und SPIEGEL
Bernd Ulrich nennt die Pandemi ein Verhängnis, vergleichbar einem Vulkanausbruch, einem Tsunami oder Erdbeben, wo die Frage nach den Ursachen oder gar der Schuld unerheblich ist: eher Stoff für die Theodizee als für menschliche Verantwortung. Der Anteil chinesischer Fledermausesser - es handelt sich wohl um graue Flughunde - damit ebenso verantwortlich für das Virus wie der Flügelschlag eines Schmetterlings für einen Orkan, d.h. ebenso wenig.
Der Grundsatz Vorwärts immer - rückwärts nimmer mag gerechtfertigt sein, solange der weltweite Kampf gegen das Virus andauert.
Ob Sieg oder Niederlage - beides im Bereich des Möglichen - danach werden wir uns einigen Fragen stellen müssen. Vor allem der Frage nach dem Grund der Katastrophe, der auch Bernd Ulrich nicht ausweicht. Leider widmet er ihr nur wenige Zeilen, sieht eine Ursache pauschal "in unserem falschen Umgang mit Tieren" und "der immer brutaleren Penetration der Natur", versagt sich aber den Schlussfolgerungen.
An seiner Stelle möchte ich das Problem auf den Punkt bringen: Bei dem irgendwann im November/Dezember 2019 auf einem chinesischen Markt gekauften, dann getöteten und ahnungslos verspeisten Flughund dürfte es sich um das teuerste Mahl der Menschheitsgeschichte handeln, sollten irgendwann die Folgekosten addiert werden. Hier von persönlicher Schuld zu sprechen, hilft nicht weiter. Eine Tragödie ist allemal, was sich zur Pandemie entwickelt hat, und wie in der griechischen Tragödie sind wir aus Hybris schuldlos schuldig geworden.
Mich erstaunt, dass unser gewinnorientiertes Zeitalter den Zusammenhang nicht erkennen kann oder will; denn nach Seuchen ähnlichen Ursprungs wie Aids, Ebola und Sars hätten wir gewarnt sein müssen, und dass die afrikanische Schweinepest Menschen nicht gefährdet, ist unverdientes Glück (in Polen wurden kürzlich 24 000 Schweinen gekeult, was die deutschen Bauern der Grenzregionen verständlicherweise ängstigt).
Haben wir die Aids- Katastrophe schon wieder vergessen? Haben wir vergessen, dass sie weiterhin große Teile des afrikanischen Kontinents heimsucht? Dass Russland, wo erst 1987 der erste Fall dokumentiert wurde, sich zu einer HIV Hochburg entwickelt hat?? Wo sich Aids weiter rasant ausbreitet mit geschätzten 1,4 Mio Infizierten...
Die Erreger von Aids und Ebola hatten ihren Ursprung in afrikanischem "bushmeat", dem Fleisch unserer hominiden Verwandten. Sie überwanden zum Teil vor Jahrzehnten die Artenschranke und sprangen auf den Menschen über. Beide wurden und werden aufwändig bekämpft, wenn auch nicht besiegt. Vergessen bis zur nächsten Attacke.
Auch Sars - ein Coronavirus aus der chinesischen Geflügelhaltung - hatte "das Zeug" zur weltweiten Pandemie, Zufall oder Glück, dass es nicht soweit kam. Indes, wenn ich glaubte, damit die wichtigsten Verursacher genannt zu haben, muss ich mich vom SPIEGEL eines Schlechteren belehrt sehen.
Der SPIEGEL (Heft 15 S.106) listet die bekanntesten Zoonosen der letzten Jahrzehnte auf und nennt es ein Kaleidoskop des Grauens: 1962 -64 Machupo-Virus Bolivien; 1967 Marburg -Virus Deutschland; 1976 Ebola -Virus Zaire und Sudan; 1981 HIV/Aids-Virus USA (wirklich?? ich tippe auf Afrika, s.o.); 1993 Hanta-Virus USA; 1997 Vogelgrippe Hongkong; 2012 Mers Saudi-Arabien; jetzt Sars -CoV-2 China. Das Blatt zitiert unsere Umweltministerin Svenja Schulze: "Die Naturzerstörung ist die Krise hinter der Coronakrise", weiter die Expertin für Biodiversität Kate Jones: " Wir bewegen Wildtiere rund um die Welt wie nie zuvor und erzeugen dadurch neue Virencocktails".
Virencocktails, die Krankheiten besonders effektiv übertragen können. Während wir noch glaubten, frei über sie zu verfügen, hat die Mutter der Evolution uns längst zu Versuchsobjekten degradiert.
Wir unterschätzen die Gefahr.
Weil die meisten dieser Seuchen dank glücklicher Umstände bald wieder "vom Markt" verschwanden, bzw. wie Aids einigermaßen beherrschbar schienen, verloren Pharmafirmen das Interesse, weiter an einem Impfstoff zu forschen.
Ich fürchte, unsere liebenswerte Umweltministerin wird auf ihren warnenden Worten sitzen bleiben. Landwirtschaft und internationale Lebensmittelkonzerne werden nach kurzer Denkpause unbeirrt weiter machen auf dem Weg der Naturausbeutung, den sie als den profitabelsten und mit geringstem persönlichen Risiko behafteten erkannt haben: Massentierhaltung mit Antibiotikaresistenz, von Chemie abhängige Landwirtschaft, Zerstörung der Urwälder für Soja- und Fleischproduktion, Leerfischen der Ozeane. Müllberge. Ein weiter so, das die Folgen für unseren Planeten aus den Augen verliert oder zu gering achtet - bis uns die Natur selbst die Rechnung präsentiert. Wir haben ihre Warnungen übersehen oder missachtet.
Elisabeth von Thadden spricht in der ZEIT von der Traurigkeit über das, was uns verloren geht, "ein zu spät" verbunden mit dem Gefühl der Resignation. Wir Menschen, die wir verantwortlich sein sollten für die Gestaltung der Zukunft, seien politisch gescheitert und könnten nur noch zusehen.
Ich bin versucht, selbst unsere Trauer als Teil unseres anthropozentrischen Weltbildes zu sehen, das uns die Natur nur von außen, besser von oben herab betrachten lässt, zuversichtlich, dass unser technisches Geschick, Verursacher des Übels uns auch einen Weg hinaus weisen werde.
Wir sind aber Teil der Natur, und unsere Trauer ist nur ein Bruchteil vom Leiden des Planeten.
Wälder und fruchtbare Äcker schrumpfen, Meere veröden und mit ihnen die Lebensgrundlagen für Mensch und Tier. Aus den Medien kennen wir das Bild vom verhungerten Eisbären aufgrund des Klimawandels, von verbrannten Koalabären durch die verheerenden australischen Buschfeuer, lesen die Statistiken, denen zufolge die Insekten in den letzten Jahren um 80% abgenommen haben. Entsprechend schrumpft die Zahl der Singvögel. Einzelne Beispiele hinter denen sich tausend- ja, millionenfache Tragödien verbergen. Man sage nicht, aussterbende Arten habe es im Laufe der Erdgeschichte immer wieder gegeben. Also so what?
Dieses Artensterben ist von Menschen gemachte Ausrottung aus Unkenntnis, Gleichgültigkeit und Profitstreben. Die Kostenrechnung wird uns präsentiert; denn jede Schuld rächt sich auf Erden, wenn nicht am schuldigen Einzelnen, so doch an der Spezies. Schon jetzt.
Zwei Bilder der Trauer haben sich meiner Erinnerung eingebrannt. Im verkoteten, unerträglich nach Ammoniak stinkenden Schweinestall eines Bauernhofes sah ich vor Jahren eine Sau hocken. Einsam zurück gelassen, nachdem die anderen zur Schlachtung abtransportiert waren. Sie saß unbeweglich in diesem stinkenden Elend, während ihr Kopf unablässig von links nach rechts und zurück schwang. Wieder und wieder. Nur eine Sau.
Sie trauerte...
Auf einer Insel der paradiesischen Seychellen kam ich einem Flughund ganz nah: Er hing in einem winzigen Vogelkäfig, die Flügel eng um den Körper geschlungen, der Kopf berührte den Käfigboden. Warten auf die Schlachtung.
Richard David Precht schreibt in der ZEIT: " Nein, das Virus ist keine Rache der geschundenen Natur am Parasiten Mensch." Meine Antwort: "Doch!"
Ist Versöhnung mit der geschändeten Natur noch möglich? Vielleicht; die Regierenden wissen es und die meisten der Regierten auch. Im Grunde wissen wir es alle.
Wir müssen die egozentrische Unkultur des Zuviel ist nicht genug aufgeben. Besser heute als morgen das Tempo der Warenströme verlangsamen, unsere Essgewohnheiten ändern, kurz: das Übermaß unserer Forderungen und Erwartungen.
Ein Blick in den Spiegel zeigt jedem von uns die Antwort:
Du musst dein Leben ändern!
Mittwoch, 08.04.2020
Ein Text, den ich Anfang 2019 für die Schweizer Stiftung 'Kreatives Alter' einreichte (Ergebnis Anfang November 2020), beschreibt als Folge unserer Naturzerstörung eine ähnliche, weltweite Pandemie, wie wir sie derzeit erleben. In meinem Text wehrt sich die Natur gegen den Aggressor Mensch und treibt ihn mit ihren Waffen fast ins Verderben.
Ich kann nicht hellsehen, verfüge über keine übersinnliche Gabe, sowenig wie die Propheten des Alten Testaments. Aber wie diese aus schlichter Menschenkenntnis plus Beobachtung menschlichen Fehlverhaltens und der Welt wie sie ist - wir würden sagen der Naturgesetze - zu ihren Warnungen gelangten, allen voran das gebieterische Kehrt um! so sehe ich unsere planetare Gesellschaft auf einem Irrweg, und wenn uns die Rechnung präsentiert wird, so ist das nur logisch. Jene Naturgesetze von der Evolution der Arten, die wir uns seit Darwin erzählen, aber nicht respektieren, liefern uns winzigen Viren und Mikroben aus, an denen das Riesenprojekt Globalisierung womöglich scheitern wird. Scheitern an unserer machtbesessenen Hybris, blind wie Ödipus, obwohl die Wahrheit vor unseren Augen liegt.
In einer überfrachteten Anzeige, die u.a. für das allgemeine Grundeinkommen wirbt (ZEIT 16) lese ich: Das Schicksal missbilligt unsere Lebensweise. Wenn nach indischer Auffassung unser Karma das selbst gewählte Schicksal ist oder frei nach Hegel die Weltgeschichte das Weltgericht, gibt es für uns nichts zu lachen. Gegenüber dem großzügigen und langmütigen Kreditgeber Natur haben wir längst jede Kreditwürdigkeit verspielt.
Zwar wird viel von Mitgefühl geredet, mit den Helfern, den Einsamen und Alten, den vernachlässigten Kindern auch im wohlhabenden Europa,
doch unser Umgang mit der Pandemie entlarvt die Egozentrik unserer Art: Trotz aller Solidaritätsbekundungen kümmern sich die verschiedenen Gemeinschaften vor allem um die eigenen Belange. Die Grenzen sind geschlossen, auch die auf der Altstadtbrücke zwischen meiner Stadt Görlitz und dem polnischen Zgorzelec, bis vor kurzem die coolste Grenze Europas. Es herrscht ein rücksichtsloses Wettbieten weltweit um Atemmasken, Schutzkleidung und alles, was vor Ansteckung retten kann. Dabei geht es den meisten Europäern noch einigermaßen, verglichen mit dem Elend indischer Wanderarbeiter, der Flüchtlinge auf Lesbos oder den Bewohnern der von Kriegen heimgesuchten Gebiete wie Syrien oder dem Jemen, für die Corona eine kaum vorstellbare Katastrophe bedeuten würde. Aber was uns nicht direkt betrifft, nehmen wir hin. Leben war nie gleichwertig, war stets dem unnachsichtigen Ausleseprozess der Natur unterworfen: survival of the fittest. Pech für die im indischen Slum Geborenen...
Vielleicht liegt hier der Grund, warum über all dem abstumpfenden menschlichen Elend das millionenfache tierische Leid vergessen wird, selbst wenn es unmittelbar mit der Pandemie zusammen hängt. Gitarrist Ali Dietz der Band Heaven shall burn: " Dabei weiß doch jeder, was mit Flüchtlingen real passiert oder mit der Umwelt, oder in den Schlachthöfen." Bis auf einige Tierschutzvereine interessierte nicht, dass im Zuge der Grenzschließungen auch Tiertransporte nicht abgefertigt wurden, unversorgt über Tage warten mussten. Es handelte sich ja nur um Schlachtvieh. "Tiervergessenheit."
Wer wissen will, wie wir in Zeiten der Massentierhaltung mit Schlachtvieh verfahren, kann sich seit Jahren informieren bis in die grausamsten Einzelheiten, und da wir es wissen, wollen wir nicht mehr daran erinnert werden. Das Fernsehen berichtet von den unhaltbaren Zuständen beim Transport lebender Tiere. Häufige Reaktion: Was ich nicht ändern kann, will ich nicht sehen oder hören.
Leider lehrt die geschichtliche Erfahrung, auch böse Systeme können lange Zeit reibungslos funktionieren und den Lebensunterhalt ihrer Nutznießer sichern ( Ohne Krieg würde der Nationalsozialismus vielleicht noch heute bestehen.). Warum also das wirtschaftlich erfolgreiche System der Verwertung tierischen Lebens ändern?
Deshalb wohl bewirken selbst grausamste Bilder der Medien achselzuckende Gewöhnung. In Zeiten des Corona-Virus scheinen Viele zu meinen, es gebe Wichtigeres als Natur und Tierwohl. Das Gegenteil ist der Fall. Da unser bedenkenloser Umgang mit der Natur zur Pandemie geführt hat, müssen Nachhaltigkeit und Tierwohl ganz oben auf der Liste stehen.
Zu wenige denken über Änderungen nach - und wenn doch, wissen sie nicht, wo anfangen: bei der Laborhölle der vermeidbaren Tierversuche (laut Du und das Tier 1/2020) kamen 2018 allein in Deutschland mehr als 2,8 Mio Tiere ums Leben), bei den internationalen Tiertransporten, bei den Schlachthöfen? Sie fühlen sich hilflos fremden Entscheidungen ausgeliefert.
Ich will und kann mich nicht abfinden.
Eine Episode aus dem Schuldienst hilft mir; Zeit: Mitte der achtziger Jahre.
Ich hatte von einer befremdlichen Esssitte im modernen China gelesen: Zahlungskräftigen Kunden boten Restaurants ein besonderes Geschmackserlebnis: lebend frisches Affenhirn, direkt aus der Hirnschale des am Tisch fixierten Tieres genossen. Die Schüler meiner 10. Klasse, denen ich nach einigem Überlegen den Artikel vorlegte, waren zutiefst empört und fragten: Was kann man dagegen machen? Mein Vorschlag, einen Brief an den chinesischen Botschafter zu schreiben, fand anfangs keine Gegenliebe: Den schmeißt er sofort weg, der landet im Papierkorb; wir können sowieso nichts ändern u.ä
Die sich anschließende Diskussion führte zu folgendem Ergebnis: Jede Schülerin, jeder Schüler kann ein gemeinsam erarbeitetes Schreiben an den chinesischen Botschafter senden (bekanntlich arbeitet amnesty international mit solchen Protestbriefen). In dem Schreiben erinnerten wir den Botschafter auch an die ehrwürdige chinesische Tradition und ihre Philosophen, die solche Grausamkeiten nicht gutheißen würden.
Es blieb den Schülern frei gestellt, diesen Brief zu schicken oder auch nicht. Einen Erfolg konnte ich ihnen nicht versprechen; nur, je mehr Schreiben der Botschafter erhielte, desto eher würde er sich Gedanken machen, vielleicht etwas unternehmen, und sei es nur aus Sorge um den guten Ruf seines Landes. Nicht alle, aber mehrere Schüler haben den Brief geschrieben.
Ob unsere Schreiben den Botschafter erreichten, weiß ich nicht, aber den Brief abzuschicken war mir wichtig. Genauso wichtig, ein Verhalten einzuüben, das wir vielleicht später im Leben brauchen könnten.
Zum Beispiel jetzt.
Dass die Natur sich nicht ungestraft missbrauchen lässt, hätte uns schon vor den Zeiten von Corona klar sein müssen. Beispiele von Naturzerstörung und tierquälerischer Massenhaltung gab und gibt es seit langem, genau wie das weiter so der Interessenverbände und ihrer Lobby; jüngstes Beispiel der empörte Aufschrei aus der deutschen Landwirtschaft, seit ihr auf Druck Brüssels eine neue Düngeordnung droht. Wir werden sehen, wer sich durchsetzt. Wäre die Metapher von den verwässerten Gesetzen übertragbar - so dass den realen Äckern dadurch Wasser entzogen würde, Deutschland wäre längst zur Wüste verkommen. Zum Glück nur Worte, wie die Versprechungen und Gelöbnisse, anlässlich jeder Krise. Ich glaube ihnen nicht mehr.
April 2020 Ostersonntag
Viele kluge Zeitgenossen, Politiker, Wissenschaftler, Journalisten sorgen sich wegen der steigenden Zahl der Infektionen, addieren die wirtschaftlichen Schäden bis zu unfassbaren Billionenbeträgen. Wenige sprechen von der geschändeten Natur und unserer Verantwortung. Es sollte nicht bei einigen Leserbriefen bleiben.
NEIN.
Die Forderung Du musst dein Leben ändern ! Das Kehrt um der Propheten gilt für jeden von uns.
Darum:
Schluss mit der für Einige bequemen Globalisierung um jeden Preis, ein Preis, den Andere zahlen müssen.
Schluss mit der miesen Bezahlung von systemrelevanten Dienstleistern, allen voran den Pflegekräften.
Schluss mit der undifferenzierten Benachteiligung vieler Berufsgruppen, vor allem in der Kultur. Merke: der Mensch lebt nicht vom Brot allein.
Schluss mit den Verstößen gegen nachhaltiges Wirtschaften.
Schluss mit dem Zubetonieren unseres Lebensraums und des Lebensraums von Pflanzen und Tieren für Straßen, Großmärkte und weitere Industrieanlagen.
Schluss mit den euphemistischen Etikettierungen, die uns Ökosprit aus Raps oder Soja als "Lebensmittel" verkaufen wollen, so in einer Werbung des bayrischen Bauernverbandes geschehen.
Schluss mit der Betroffenheitskultur, die sich in Sonntagsreden erschöpft.
Schluss mit der egozentrischen Weltsicht unserer Ethnie, die ihre Würde für kurzsichtigen Profit verschachert, ohne Rücksicht auf Würde und Lebensrecht anderer Geschöpfe, der Tiere und auch der Pflanzen. Die Würde des Menschen ist sehr wohl antastbar. Durch den Menschen.
Schluss mit dem religiösen Vorbehalt, der unter dem Deckmantel der Religionsfreiheit millionenfaches Tierleid verursacht.
Darum:
Keine Stimme für Duldung grenzüberschreitender Lebendtiertransporte
Keine Stimme für Duldung des Handels mit exotischen Tieren
Keine Stimme für Duldung von Massentierhaltung
Keine Stimme für Duldung von Schlachtungen im Akkord
Friedrich Schiller hatte Recht: Das Leben ist der Güter höchstes nicht.
Für manche Bullenkälber wäre es besser, am Tag der Geburt getötet zu werden, manches frisch geschlüpfte männliche Küken wäre sofort danach besser vergast und geschreddert; denn was viele in der Massentierhaltung erwartet, auf engstem Raum gemästet oder bei wochenlangem Transport übers Meer, auf verstopften Straßen, in sengender Hitze, vor verschlossenen Grenzen, ohne Durst und Hunger stillen zu können, wie es einem fühlenden Lebewesen zusteht, das Ende so qualvoll und schlimmer, als - das muss ausdrücklich gesagt sein - die Religionen es ursprünglich gewollt haben. Vom Propheten Mohammed sind anrührende Beispiele seiner Tierliebe überliefert. Als Kind seiner Zeit, ohne das Wissen und die Vorstellung des aktuellen Elends konnte er sich vielleicht keine andere Schlachtordnung vorstellen und nicht, was sich stündlich, täglich, millionenfach auf unserem Planeten ereignet. Wir Europäer sind davon nicht ausgenommen. Sobald die lebende Fracht eine Landesgrenze bzw. Europa hinter sich gelassen hat, bleibt auch die Verantwortung zurück: Leben und Leiden im rechtsfreien Raum. Bis zum bitteren Ende. Ich bin mir sicher: Mit dem Wissen unserer Zeit hätte der Prophet diese barbarische Behandlung und Tötung der Schlachttiere verboten.
Da ich das alles gesehen und gehört habe, kann ich mich nicht mehr auf Nichtwissen berufen. Durch mein Schweigen billige ich, dass diejenigen, die mächtig genug sind, etwas dagegen zu tun, es unterlassen. Aus politischer Rücksichtnahme, Rücksicht auf den Bauernstand, Rücksicht auf Händler, auf diplomatische Gepflogenheiten, usw. usw. Ein Grund findet sich immer.
Nein!
Es gibt keine Entschuldigung.
Die französische Schauspielerin Juliette Binoche hat in einem Interview bekannt, dass sie nicht mehr wählen gehe, und in mehreren internationalen Zeitungen erschien ein offener Brief, in dem sie die Situation unseres Planeten beklagte, wie ich es wohl ähnlich formuliert hätte.
Während wir vorgeben, alle unsere Maßnahmen würden das Leben nähren und schützen, betreiben wir in Wirklichkeit eine Kultur des Todes.
Nicht wählen gehen heißt sich der Fortschrittsmaschinerie versagen, aber auch resignieren, ohne Hoffnung sein. Eine persönliche Entscheidung, die ohne Einfluss bleiben wird auf das System, weil sie sich höchstens in der Statistik niederschlägt. Die Frage nach dem Grund bleibt unbeantwortet.
Darum, weil es keine Entschuldigung gibt, müssen wir wählen gehen, aber gleichzeitig klarstellen, warum wir keiner Partei derzeit unsere Stimme gegen.
Auf meinem Wahlzettel wird künftig statt der Kreuzchen stehen:
Keine Stimme für grenzüberschreitende Lebendtiertransporte
Damit gemeint sind auch die exotischen Wildfänge für unsere Wohnzimmer und Terrarien, die zum Artensterben beitragen. Von unseren Regierungen geduldet aus Feigheit vor dem Wähler.
Wir sind damit nicht einverstanden?
Dann zeigen wir den Regierenden unsere Missbilligung über unsere Stimmzettel; denn:
Nichts fürchten die Regierenden mehr, als über den Stimmzettel abgestraft zu werden: Den Machtverlust.
Wer will, kann und sollte sich deshalb an der Aktion beteiligen - ab jetzt bei allen Wahlen -
solange, bis diese barbarische Behandlung von Tieren international abgeschafft wird.
Illusorisch?
Vielleicht. Aber wenn sich viele Bürger beteiligen, nicht nachgeben von Wahl zu Wahl - dann haben wir eine Chance. Wir können Änderungen erzwingen. Mehr: eine Umkehr.
17. 04.2020
Prognose für die Zeit nach Corona:
Übergang zur Tagesordnung.
Den Mittagsnachrichten zufolge sind nach Ende der Corona - Krise "Abstriche bei Arten- und Klimaschutz" geplant.
Sie lernen es einfach nicht - es sei denn, wir Wähler lehren es sie.
Nachtrag: Nach der Wahl ist vor der Wahl.
IV. 5 Corona und Christentum zwischen wirtschaftlicher Notwendigkeit und Tierethik.
Die Schöpfungsgeschichte hat den Menschen zum Herrn über die Erde und ihre Geschöpfe erklärt, allein Gott verantwortlich:
Andere sehen die Nutzung von Tieren als Teil einer naturgesetzlichen Ordnung des Fressen und Gefressen werden.
Bis auf ein Wort des Apostel Paulus, dass die ganze Schöpfung nach Erlösung schreie, spielen Tiere im Neuen Testament keine Rolle. Man nutzte oder fürchtete sie, eine Seele besaßen sie nach allgemeiner Auffassung nicht. Anders in Hinduismus und Buddhismus, die schon aufgrund ihres Glaubens an die Seelenwanderung zu anderen Ergebnissen kommen mussten. Wenn wir die jüdisch-christlichen 10 Gebote mit den ethischen Forderungen im Buddhismus vergleichen, behandeln die meisten Artikel der 10 Gebote Eigentumsfragen, die Gebote im Buddhismus den Schutz des Lebendigen und natürlich Beseelten. Interessant.
In den Naturreligionen ist alles, was den Menschen umgibt, beseelt, ein Glaube, der leider mit der Christianisierung verloren ging. Ob im christlichen Südamerika oder in Afrika: die Vorstellung einer heiligen Mutter Natur verschwand mit allen schädlichen Folgen für Tier- und Pflanzenwelt.
Womit wir bei Frau Merkels Handlungsgrundsätzen angelangt wären, wie Dirk Kurbjuweit sie in Spiegel 17 nennt: Wirtschaft, Freiheit, Menschlichkeit und Biedermeier; wobei wir unter Letzterem wohl emotionale Sicherheit ohne größere Probleme, ein sich bequem im Leben Einrichten verstehen dürfen. Von Tierrechten, Menschlichkeit bezogen auf Tiere keine Rede. Es könnte das moderne Biedermeier stören.
Frau Merkel ist ihrer traditionellen christlichen Erziehung treu geblieben, welche den Menschen in den Mittelpunkt stellt. Sie nennt nicht, was ihr offensichtlich weniger wichtig scheint. Genauso entlarvend wie die Nichtbenennung Europas, bzw. der EU in ihrer Corona Rede Mitte März 2020.
Wie soll ein Wirtschaftsethos mit Massentierhaltung und den Fehlentwicklungen der modernen Landwirtschaft harmonisieren, wie die Freiheit des Wirtschaftens mit den Benachteiligten des Systems, das zu immer größeren Ungerechtigkeiten führt? Gescheitert.
Und meint Menschlichkeit, nur für das menschliche Wohl gelte es zu kämpfen? Das allein ist schwer genug, wie die Flüchtlingskrise der überfüllten griechischen Lager zeigt, aber reicht es? Muss Menschlichkeit deshalb vor Stalltüren und Schlachthöfen enden?
Für mich scheint die Physikerin Frau Merkel letztlich eine Schülerin Descartes und seiner mechanistischen Weltsicht - oder sollte sie die Tierwelt einfach vergessen haben wie in jener Rede Europa ?
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